A/S Frichs Maskinfabrik - Teil 2: Die große Dieselzeit


Die große Dieselzeit
Um 1900 wurden Motoren ein Thema im Hause A/S Frichs. Man experimentierte mit Gasmotoren und mit Rohölmotoren nach dem holländischen Patent "Brons". Gegen 1910 begann die Produktion von stationären Dieselmotoren und ab 1918 wurden Schiffsdiesel geliefert. 1925 war der erste eisenbahntaugliche Dieselmotor verfügbar und ein ganz neues Kapitel der Firmengeschichte begann.

Frichs-Dieselmotoren wurden zunächst in Loks und Triebwagen des Unternehmens Scandia, Randers verwendet. Scandia hatte als Lizenznehmer der "Deutschen Werke Kiel" (DWK) und der schwedischen "Diesel Elektriske Vagn-Aktibolaget" (DEVA) bereits Erfahrungen im Bau von Triebfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren gesammelt. Die Möglichkeit, jetzt auch dänische Motoren liefern zu können, bot zusätzliche Vorteile auf dem heimischen Markt und so gingen beide Unternehmen eine intensive Kooperation ein. Die ersten gemeinsam hergestellten Fahrzeuge entstanden nach folgendem Muster: Scandia lieferte als Auftragnehmer die Wagenkästen, A/S Frichs baute die Dieselmotoren und die elektrische Ausrüstung stammte von Zulieferern wie Thrige-Titan in Odense.

Die ersten Abnehmer von Scandia/Frichs Dieselloks waren Privatbahnen, von denen einige bereits Motorfahrzeuge ausländischer Hersteller erfolgreich einsetzten. 1926 erhielt die HHJ als Erstkunde die Diesellok HHJ M 1, für andere Betreiber folgten ähnliche Fahrzeuge, die als "Trædiesler" bekannt wurden. 1927 erhielt auch die DSB sechs Loks der Reihe MT. Alle Modelle entsprachen weitgehend dem schwedischen Lizenzvorbild von DEVA mit Teakholz verkleideten Wagenkästen und einer im Hauptrahmen gelagerten Maschinenanlage. Das Fahrwerk wurde zunächst mit Lenkachsen ausgeführt, die bald durch Drehgestelle ersetzt wurden. Ab 1927 wurden auch dieselelektrische Triebwagen an verschiedene Privatbahnen und als Reihe MR an die DSB geliefert. Diese hatten ebenfalls teakholzverkleidete Wagenkästen, aber ein neues Konzept bei der Anordnung der Antriebsanlage: Die Motor-Generator Einheit war in einem Drehgestell versenkt gelagert und die Fahrmotoren im gegenüberliegenden Drehgestell untergebracht.

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A/S Frichs nutzte die ersten Erfolge, um eigene Entwicklungen mit höherer Leistung voranzutreiben. So interessierte man sich für die hydraulische Transmission als Alternative zur vergleichsweise schweren und teuren elektrischen Kraftübertragung. Da der potentielle Konkurrent Nakskov Skibsværft sich bereits die Rechte am System "Nydquist" gesichert hatte, erwarb A/S Frichs 1926 das Patent des Ingenieurs Rosen aus dem schwedischen Kalmar. Im Nachhinein erwiesen sich allerdings beide Systeme als unbrauchbar.

1929 lieferte A/S Frichs die beiden dieselelektrischen Loks der Reihe MV(I) an die DSB, wobei das Unternehmen erstmals als Hauptauftragnehmer agierte. Äußerlich waren die Maschinen an dem neugestalteten Wagenkasten in Ganzmetallbauweise erkennbar. Hier wurden auch erstmals die charakteristischen Röhrenkühler auf dem Dach verwendet, die für zahlreiche folgende Frichs-Konstruktionen typisch wurden. Nach ersten Kinderkranheiten demonstrierten die Loks überzeugend die Kompetenz des Hauses A/S Frichs, leistungsfähige Dieseltriebfahrzeuge entwickeln zu können.

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Überraschend für A/S Frichs kam die Nachricht, daß die DSB parallel zu den beiden Exemplaren der Reihe MV zwei weitere Dieselloks bei B&W bestellt hatte. Dies war eine Verletzung der Vereinbarung von 1926, nach der alle DSB-Loks zuerst bei A/S Frichs auszuschreiben waren. Nach entsprechenden Protesten wurde die Gültigkeit der Vereinbarung anerkannt und die beiden B&W-Loks offiziell als "Versuchsmaschinen" bezeichnet. 1936 verlängerte die DSB das Alleinlieferrecht für A/S Frichs um weitere zehn Jahre. 1938 erfolgte eine weitere Vereinbarung zwischen Frichs, B&W und der DSB: B&W verzichtete darauf, Dieselmotoren für dänische Bahnen zu fertigen, wohingegen Frichs keine stationären Dieselmotoren von über 2.000 PS und keine Schiffsdiesel von über 1.000-1.500 PS mehr anbot.

Beflügelt von den ersten Erfolgen begann A/S Frichs vielfältige Verkaufsaktivitäten und konnte 1930 einen prestigeträchtigen Exportauftrag gewinnen: Die Königliche Eisenbahngesellschaft Siams (dem heutigen Thailand) RSR plante eine grundlegende Modernisierung und setzte dabei auf die damals brandneue dieselelektrische Traktion. An A/S Frichs erging eine Großbestellung über sechs Schnellzugloks, eine schwere Güterzug-Doppellok und sechs Triebwagen, alle in 1000 mm-Spurweite. Keines dieser Muster war je zuvor gebaut, geschweige denn unter Tropenbedingungen erprobt worden. Darüber hinaus war der Auftrag für die Firma mit ihren 650 Angestellten eigentlich zu groß, so daß neue Werksgebäude nötig wurden und rund um die Uhr gearbeitet werden mußte. Mit einiger Verspätung konnten aber alle Fahrzeuge 1931-32 in Betrieb genommen werden und weckten allgemeine Begeisterung: So konnte eine Lok der Serie 551-556 den "International Express Bangkok-Padang Pesar" über eine Strecke von rund 1.000 km ohne neue Aufnahme von Betriebsstoffen befördern und die Reisezeit um vier auf 22 Stunden verkürzen. Weitere Beschaffungen unterblieben allerdings, da Siam 1932 eine Wirtschaftskrise und eine Revolution erlebte. Für A/S Frichs endete das Geschäft mangels Auslandserfahrung und unerwarteten Kursschwankungen mit Verlust (für technische Daten und Abbildungen s. Anhang).

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Mit dem Siam-Coup gehörte A/S Frichs über Nacht international zu den Pionieren des dieselelektrischen Antriebs und fand in Fachkreisen weltweit Beachtung. Anfang der 1930er Jahre erwarben die britische Vulcan Foundry Ltd., Newton-le-Willows, die französische Corpet Louvet, die finnische Tammerfors, die Schwedische Kockum und die niederländische Thomassen & Co. Lizenzen zum Bau von Frichs-Dieseltechnik. Trotz verschiedener Verhandlungen mit Irak, Chile, Argentinien u.a., gingen weitere nennenswerte internationale Aufträge allerdings nicht ein, s. Anhang. In Dänemark selbst folgten zahlreiche Bestellungen für verschiedene Fahrzeuge, deren technische Ausführung und Design weitgehend von den Exportmodellen übernommen wurden: An die DSB wurden 1932 die beiden schweren Dieselloks MX 131-132 sowie die vier Triebwagen der Reihe MQ(I) übergeben. Die Wagenkästen dieser und aller nachfolgenden Frichs-Fahrzeuge waren in Ganzstahlbauweise ausgeführt. A/S Frichs trat nun als Hauptauftragnehmer auf, verwendete aber meistens zugelieferte Wagenkästen von Scandia.

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Für die dänischen Privatbahnen gelang der Durchbruch der Dieseltraktion mit einem Modell, das auf Grund seiner charakteristischen, kastenförmigen Erscheinung allgemein als "Firkantede" (Viereckige) bekannt wurde. 1932-1938 wurden insgesamt 23 dieser Maschinen sowie einige Triebwagen und Rangiertraktoren geliefert. Bedeutsam war hierbei, daß A/S Frichs alle diese Aufträge in freier Konkurrenz zu B&W und Triangel gewann und mit eigenen Produkten den heimischen Markt dominieren konnte.

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Weiterhin wurden in Meterspur-Ausführung eine Lok vom Typ "Firkantede", fünf Triebwagen und drei Kleinlokomotiven an die Privatbahnen HAJ und DBJ geliefert sowie eine 600 mm-Schmalspurlok für das Bauunternehmen C.A. Bechgaard.

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Bei der DSB führte die Dieseltraktion trotz aller wirtschaftlichen Vorteile zunächst nur ein Nischendasein. Die Fahrzeuge waren zu anfällig und die Motorleistung für anspruchsvolle Aufgaben zu gering. Dies änderte sich 1934, als mit der Baureihe MP ein Konzept vorgestellt wurde, aus dem eine ganze Reihe erfolgreicher Triebwagen-Typen abgeleitet wurde: Die Fahrzeuge verfügten in einem Drehgestell über zwei Motor-Generatorsätze und im gegenüberliegenden Drehgestell über zwei elektrische Fahrmotoren. Die beiden voneinander unabhängigen Antriebsanlagen sorgten für eine hohe Betriebssicherheit bei ausreichender Leistung. Bei allen Fahrzeugen war A/S Frichs als Konstrukteur und Hauptlieferant wieder für Technik, Maschinen und Fahrwerk zuständig, die Wagenkästen kamen von Scandia. Nach diesem Muster entstanden in den folgenden Jahren die weit verbreitete Baureihe MO, die sensationellen Lyntog-Schnelltriebzüge MS und MB sowie die Kraftpakete der Reihe MK/FK. Ebenfalls in Kooperation mit Scandia wurden ab 1933 die elektrischen S-Bahnzüge der ersten Generation, Baureihe MM/FM gebaut.

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Ende der 1930er Jahre wurden große Diesellokprojekte mit Motoren in der 1.000 PS-Klasse konzipiert. Daraus abgeleitete Doppellokomotiven hätten mit 2000 PS Leistung auch schwerste Traktionsaufgaben bewältigen können. Die hohen Beschaffungskosten ließen die DSB jedoch von einer Auftragsvergabe absehen. 1941 entstand die Idee, einen fünf-Wagen "Lyntog" bestehend aus zwei MK/FK-Triebzügen mit einem zusätzlichen Mittelwagen zu bauen. Zwei dieser Kombinationen sollten auf der geplanten Vogelfluglinie mit der Fährverbindung Rødby-Puttgarden zum Einsatz kommen, kriegsbedingt wurde das Projekt aber nicht realisiert.

Neben den Eisenbahnfahrzeugen behielt A/S Frichs seine breite Produktpalette weiterhin aufrecht. So wurden u.a. Kessel, Dampfmaschinen und -turbinen, Eisenkonstruktionen, Krananlagen, Gießereierzeugnisse sowie Dieselmotoren für Schiffsantriebe und andere Anwendungen gefertigt. Ein weiterer Produktbereich waren Klein-Dieselmotoren für Kraftfahrzeuge, Gewerbe und Landwirtschaft, die unter der Markenbezeichnung "FRICHS AUTO-DIESEL" vertrieben wurden. Ab 1936 wurde wegen mangelnder Aufträge zusätzlich die Fertigung von Fensterrahmen und Fassadenteilen aus Metall aufgenommen.

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Die Auslieferung größerer Objekte erfolgte auf der Schiene vom werkseigenen Gleisanschluß aus, leichtere Objekte wurden auch per Lkw expediert. A/S Frichs verfügte ab 1920 über einen Schwerlastwagen mit gekröpften Rahmenwangen aus eigener Produktion, der als Privatwagen ZT 99999 bei der DSB eingereiht war. Für den Verschiebedienst auf dem Werksgelände gab es einen zweiachsigen Akkuschlepper, ebenfalls aus eigener Herstellung sowie verschiedene Kraftfahrzeuge. Die meisten Erzeugnisse verließen das Werk auf DSB-Waggons und Kraftfahrzeugen externer Fuhrunternehmen.

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A/S Frichs Übersicht
Teil 1: Frühe Jahre und Dampflokzeit
Teil 2: Die große Dieselzeit
Teil 3: Besatzungszeit und Neuanfang
Teil 4: Niedergang und Ende
Anhang: A/S Frichs Exporte