Eisenbahngeschichte in Gedser
Gedser liegt auf der Insel
Falster und bildet die südlichste Spitze Dänemarks. Damit
war der Ort prädestiniert für seine Rolle als Tor zwischen
Skandinavien und den südlich gelegenen Gebieten Europas. 1886
nahm die Gjedser Jerbane (GJ) die Strecke nach Nykøbing F in
Betrieb. Gleichzeitig wurde mit Raddampfern eine Fährverbindung
nach Warnemünde eingerichtet. 1903 wurde die Verbindung
wesentlich ausgebaut und beschleunigt. Es kamen nun moderne
Eisenbahnfähren zum Einsatz und Gedser erhielt angemessene
Bahnanlagen, darunter den berühmten Bahnhof. Der Betrieb war
jetzt in der Hand der DSB, die luxuriöse Tag- und Nachtreisezüge
auf der Linie Berlin-Rostock-Kopenhagen und weiter nach Schweden und
Norwegen anbot. Nach dem Ende der deutschen Besatzung Dänemarks
erholte sich der Verkehr dieser wichtigen Ostseeverbindung wieder,
die höchsten Auslastungen wurden in den Jahren 1954-63 erreicht.
1963 wurden dann die Verkehrsströme schlagartig umgeleitet, als
die Verbindung mit Eisenbahnfähren zur Bundesrepublik
Deutschland über Rødby Færge-Puttgarden eröffnet
wurde. Daran konnte auch der von der DR initiierte
Neptun Express nichts ändern, mit
dem 1964 eine durchgehende Verbindung Berlin-Kopenhagen aufgebaut wurde.
Gedser erlangte lediglich nach der deutschen Wiedervereinigung
kurzzeitig noch einmal größere Bedeutung, bis der
Transport von Bahnfahrzeugen ab dem Winterfahrplan 1995-96
ausschließlich über Rødby Færge abgewickelt wurde.
Fernverkehr über Gedser heute
Seit Ende 1995 nehmen die
Fähren zwischen Gedser und Rostock ausschließlich
Kraftfahrzeuge an Bord. Die Bahnlinie blieb zunächst aktiv, obwohl sich die
DSB redlich Mühe gab, diese eingehen zu lassen. Da es keine
politische Mehrheit für die Aufgabe der Verbindung gab, wurde
Gedser zuletzt einmal täglich außer Sonntags mit einem IC 3-Triebzug angefahren.
Anfang 2009 wurde beschlossen, die Gedser-Verbindung zum
12. Dezember des Jahres endgültig stillzulegen.
Eisenbahnmuseum Gedser Remise
Der Lokschuppen des
Bahnbetriebswerkes in Gedser wurde in mehreren Etappen auf 12 Stände
ausgebaut und beherbergt seit 1987 die "Bevaringsforeningen Gedser
Remise". Der Verein hat sich dem Erhalt der Gebäude verschrieben,
in denen Museumsfahrzeuge aus den Beständen folgender
Museumsbahnen untergestellt sind: Danmarks Jernbaneklub (DJK),
Nordisk Jernbaneklub (NoJK), Nordsjællands Veterantog (NSjV)
und Østsjællandske Jernbaneklub (ØSJS).
Die meisten Loks und Wagen befinden sich in einem
Zustand unterschiedlich weit fortgeschrittener Kompostierung und
warten auf eine umfassende Instandsetzung. Ein baldiger Wandel ist
nicht zu erwarten, da selbst das Dach des Schuppens dringend
reparaturbedüftig ist.
2011 begann die Reederei Scandlines mit der Anlage eines neuen Terminals
für die neuen Großfähren. Im Zuge der Baumaßnahmen
wurde die Gleisverbindung zum Bahnhof gekappt und das Gleisgelände
westlich der Remise gerämt. Für das Museum wurde auf Kosten der Reederei
ein neuer Gleisanschluß, die Renovierung der Drehscheibe sowie die Anlage
eines eigenen Bahnsteiges angekündigt. Von der Kommune Guldborgsund wurde
darüber hinaus eine größere Summe zur Instandhaltung
der Bausubstanz zugesagt.
Für den Eisenbahnkenner ist der Besuch der Gedser Remise lohnend, da
sich hier einige einmalige Fahrzeuge finden. Dazu zählt u.a.
eine
DEVA-Lok von 1923
aus der Steinzeit der Dieseltraktion. Ferner stehen hier einige Dampfloks und
Wagen sowie die NSB-Triebwagen des "Nordisk Jernbane Klub" (NoJK).
Auf dem großen Freigelände hinter dem
Schuppen finden sich weitere Exponate. Dort wachsen
übrigens auch die besten Brombeeren, die ich jemals gekostet habe!
Gedser Bahnhof
Der Bahnhof in Gedser
wurde 1903 errichtet und ist ein Entwurf des bekannten dänischen
Architekten Heinrich E. C. Wenck. Das Backsteingebäude ähnelt
seeseitig mit seinen Türmen und den zinnenbewehrten Mauern einer
Burganlage und spiegelt damit angeblich das reservierte Verhältnis
Wencks gegenüber Deutschland wider. Die Bahnhofshalle wird von
einer filigranen Eisenkonstruktion getragen und wirkt sehr leicht.
Von den ursprünglich zwei Gleisen war in den letzten Betriebsjahren
nur noch eines befahrbar, das andere wurde durch die Verbreiterung eines
Bahnsteiges geschlossen. Mit der Anlage des neuen Scandlines-Fährterminals
wurde der Bahnhof 2011 vom Schienennetz endgültig getrennt.
Mein Fazit:
Das gesamte historische
Ensemble von Hafen- und Bahnanlage sowie dem Museum ist
einen Besuch wert. Wer eine museumspädagogisch
aufgearbeitete Sammlung erwartet, sollte allerdings besser nach Odense in das
offizielle dänische Eisenbahnmuseum fahren. Andererseits findet
man in Geder absolut authentisches Material, was mir persönlich
wichtig ist. Hier gibt es keine Unsicherheiten, ob die verwendeten
Materialien oder die gewählten Farbtöne und Schriftschnitte
originalgetreu sind. Die Exponate in Gedser können in ihrem
letzten Betriebszustand (mit anschließenden Verfallserscheinungen)
erlebt werden. In der Sommersaison 2006 zählte das Museum 900 Besucher,
so dass keine Überfüllung zu befürchten ist.
Anfahrt:
Der Bahnhof und die Remise
mit dem Museum befinden sich direkt am Fährhafen von Gedser,
Parkplätze sind reichlich vorhanden. Ausflüge lassen sich
nicht nur von dänischer Seite aus starten, sondern auch per
Fähre von Rostock aus (einfache Überfahrt: 2 h).
Anschrift und Kontakt:
Bevaringsforeningen Gedser Remise
Jernbanevejen 1
DK - 4874 Gedser
www.gedserremise.dk
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