Die dänischen Privatbahnen begannen 1962 mit der Suche nach einem einheitlichen
Nachfolgemuster für die veralteten "Skinnebusser".
Zur Wahl stand eine Dieselversion des schwedischen "Paprikatog"
(SJ X9) von Hilding Carlsson und ein Entwurf der Waggonfabrik
Uerdingen AG. Scandia war auf absehbare Zeit mit DSB-Aufträgen
ausgelastet und legte nur pro forma ein Angebot vor. Uerdingen setzte
sich schließlich durch, da man die besseren Laufeigenschaften
garantierte. In Anlehnung an den Hersteller wurden die Triebzüge
als "Y-tog" bezeichnet (Y spricht sich im Dänischen
"Ü"), umgangssprachlich war die Bezeichnung
"Lynette" (Diminuitiv von "Lyntog")
verbreitet. Die Motorwagen erhielten die Typbezeichnung "Ym",
Steuer- und Mittelwagen werden als "Ys" bzw. als "Yp"
geführt.
Y-tog Material wurde 1965-88 in acht nahezu baugleichen Serien (s.u.) an sämtliche
dänische Privatbahnen sowie als Baureihe
ML
an die DSB geliefert. Allen
gemeinsam ist der selbsttragende Wagenkasten aus Stahl, der als
Großraum mit der Sitzanordunug 2+2 eingerichtet ist. Motor- und
Steuerwagen gibt es in Zwei- und in Einrichtungsausführungen,
letztere sind wie die Mittelwagen mit Gummiwulst-geschützten
Übergängen an einer Sirnseite ausgestattet. Ursprünglich
waren die Zugenden mit Scharfenberg-Kupplungen versehen, einige
spätere Lieferungen für jütländische Bahnen
wurden mit Hülsenpuffern und Regelkupplungen ausgerüstet,
um Post- oder Güterwagen mitführen zu können. Die
Motorwagen werden von zwei Unterflur-Dieselmotoren angetrieben, die
jeweils über ein Diwabus-Automatikgetriebe die innere Achse
eines der beiden Drehgestelle antreiben.
Mit ihren Y-tog verfügten die dänischen Privatbahnen seinerzeit über modernes
Material, mit dem sich die Fahrgastzahlen deutlich steigern ließen.
Ursprünglich war aus Gründen des
Marketings ein einheitliches Erscheinungsbild aller "Lynetter"
vorgesehen: Wagenkasten Blutorange (RAL 2002), Zierlinien Grauweiß (RAL 9002),
Dach Lichtgrau (RAL 7035), Rahmen Fenstergrau (RAL 7040). Dieses charakteristische Design wurde
später auch auf andere Fahrzeuge angewandt. Ab 1970 setzte sich
bei den dänischen Privatbahnen wieder der Drang zur
individuellen Gestaltung durch, so daß zahlreiche Ausstattungs-
und Farbvarianten entstanden. Erst Ende der 1990er Jahre begann die
Ablösung der allgemein beliebten Fahrzeuge durch moderne
Leichtbautriebwagen wie
LINT 41 und
Desiro. Dabei kam es zu einem
schwunghaften Handel mit Gebrauchtfahrzeugen unter den dänischen Privatbahnen.
Vereinzelt gelangten Y-tog Triebwagen auch ins Ausland, wie zur polnischen ARRIVA (s.u.)
oder zu einer peruanischen Kupfermine, die die Wagen über die deutsche
Ferrostaal AG erwarb.
Technische Daten "Y-tog": |
|
Einrichtungs-Ym (SB Ym 1-3) |
Zweirichtungs-Ym (HHJ Ym 31, 32) |
Hersteller* |
Uerdingen |
Uerdingen |
Baujahre |
1968 |
1968 |
Achsfolge |
(1A)' (A1)' |
(1A)' (A1)' |
Motor** |
2 x Büssing U 11-200 D, 6 Zylinder |
2 x Büssing U 11-200 D, 6 Zylinder |
Leistung |
2 x 143 kW (180 PS) bei 2000 U/min |
2 x 143 kW (180 PS) bei 2000 U/min |
Antriebsart |
dieselhydraulisch |
dieselhydraulisch |
Höchstgeschwindigkeit |
80 km/h |
80 km/h |
Länge über Kupplung*** |
17.850 mm |
18.650 mm |
Dienstgewicht |
26,0 t |
26,0 t |
Einrichtung |
40 Sitzplätze, Packraum, WC |
36 Sitzplätze, Packraum, WC |
* = Die Beschaffung der Serie 7 wurde u.a. aus Mitteln zur Beschäftigungsförderung
finanziert. Daher erfolgte ca. 50 % der Fertigung bei Scandia, so daß
diese Fahrzeuge jeweils mit zwei Werknummern versehen sind.
** = Da die Produktion des Büssing-Motors eingestellt wurde, kam ab Serie 7 ein
neuer Motortyp zum Einsatz: Daimler Benz MO407h, 6 Zylinder, 132 kW
(180 PS) bei 2100 U/min.
*** = Beide Beispiele sind mit Hülsenpuffern und Regelkupplungen ausgerüstet.
Abbildungen:
Y-tog Technik:
Y-tog Lieferserien: |
Serie |
Baujahr |
Empfänger |
Ym |
Ys |
Yp |
1 |
1965 |
LJ, GDS-HFHJ |
10 |
9 |
7 |
2 |
1968 |
SB, HP, GDS-HFHJ |
11 |
11 |
0 |
3 |
1970 |
HHGB, SB, HP, GDS-HFHJ |
6 |
5 |
6 |
4 |
1973 |
HHJ, LNJ, HHGB, GDS-HFHJ |
6 |
3 |
0 |
5 |
1974 |
ØSJS, SB, HP |
7 |
4 |
1 |
6 |
1975 |
OHJ-HTJ |
10 |
0 |
0 |
7, 7a |
1983-84 |
GDS-HFHJ, HHGB, LJ, HHJ, ØSJS |
24 |
23 |
4 |
8 |
1988 |
SB |
1 |
0 |
0 |
. |
|
|
|
|
|
Summe |
|
|
75 |
55 |
18 |
Erprobung bei der DB:
Ende der 1960er Jahre machte man sich bei der DB Gedanken über ein
Nachfolgemuster für die Uerdinger Schienenbusse. Daher baute die Waggonfabrik
Uerdingen AG 1968 auf eigene Rechnung eine zweiteilige "Y-tog"-Garnitur,
bestehend aus einem Trieb- und einem Steuerwagen. Die Fahrzeuge wurden
der DB zur Verfügung gestellt und erhielten dort die Betriebsnummern
791 001-1 und 991 001-9. Die Aufschriften für die Fahrgäste fanden
sich doppelt auf Dänisch und auf Deutsch. Der Triebzug wurde
1968 vom Bw Bayreuth aus eingesetzt und Anfang 1969 in den Raum Bonn
verlegt. Nach dem Abschluß der Erprobung verkaufte der Hersteller die
Fahrzeuge an die Privatbahnen GDS-HFHJ, wo sie die Betriebsnummern
Ym 7 und Ys 46 erhielten.
Y-tog bei ARRIVA Polen:
2002 wurden die in der Region Kopenhagen angesiedelten Privatbahnen
Gribskovbanen (GDS), Frederiksværkbanen (HFHJ), Hornbækbanen
(HHGB), Nærumbanen (LNJ) und Østbanen (ØSJS)
in der Hovedstadens "Lokalbaner A/S" zusammengeführt,
die im Folgejahr als "Lokalbanen A/S" (LB) umfirmierte. Die
Triebwagenflotte der neuen Gesellschaft wurde einheitlich modernisiert,
wobei die Muster Y-tog und IC2
durch LINT 41 abgelöst
wurden. 2007 wurden aus dem Bestand der LB 19 Ym, 17 Ys und 9 Yp (ex GDS und ex HHGB)
an die britische ARRIVA verkauft mit Hinblick auf eine Verwendung bei der
ARRIVA-Tochter in Polen. Die Fahrzeuge wurden in Demmin untergestellt
und sollten im ARRIVA Bahnwerk Neustrelitz modernisiert werden.
Tatsächlich wurde nur ein Triebzug aufgearbeitet, bestehend aus
einem Motor-, einem Mittel und einem Steuerwagen, die als YmA5, YpA25
und YsA47 geführt wurden. Eingesetzt wurden nur der Motor- und der
Steuerwagen, das Personal war zuvor bei der ØSJS geschult worden.
Quellen:
Græsted Jensen, Lars & Poulsen, John (1993): Motor Materiel 0: De blev aldrig til noget... Roskilde: bane bøger.
Poulsen, John (1990): Motor Materiel 4: Letbyggede motortog fra Uerdingen. Roskilde: bane bøger.
Poulsen, John (1993): 1965: Lynetterne - den nye generation privatbanetog. Jernbanehistorisk årbog '90: 54-64.
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