Steckbrief Sentinel LB 0-4-0 CD


Die 1918 gegründete "The Sentinel Waggon Works Ltd." im britischen Shrewsbury machte sich einen Namen mit Nutzfahrzeugen, die mittels Dampfmaschinen betrieben wurden. Erst ab 1935 wurden auch Verbrennungsmotoren verbaut, der letzte Dampfwagen wurde 1951 ausgeliefert. Ab 1923 wurden darüber hinaus einige hundert dampfbetriebene Triebwagen und Rangierloks gefertigt. Einer der Triebwagen (5476 / 1923) gelangte zur dänischen HHGB (ohne Betriebsnummer), wo er bereits 1930 betriebsunfähig abgestellt und 1940 ausgemustert wurde. 1957 wurde Sentinel von der Rolls Royce Ltd. übernommen, die das Werk schrittweise auf die Produktion von Motoren umstellte.

1959 wurde die erste Sentinel-Rangierlok mit Rolls Royce Dieselmotor vorgestellt, wobei die allgemeine Auslegung des Fahrzeugs von Aspekten der Ergonomie und Arbeitssicherheit bestimmt war. Das zweiachsige Fahrzeug verfügte über einen zentralen Führerstand zwischen zwei schmalen, halbhohen Vorbauten. Der vordere Vorbau mit der Maschinenanlage war länger und breiter ausgeführt. Der kurze, hintere Vorbau war schmaler, um den Zugang zum Führerstand zu erleichtern, der durch zwei Schiebetüren an der hinteren Stirnseite des Führerhauses erreicht wurde. Dem Lokführer boten sich gute Sichtverhältnisse und ein direkter Blick auf die Puffer. Das Steuerpult war auf der Mittellinie des Fahrzeugs angeordnet und von beiden Seiten aus für Vor- und Rückwärtsfahrt bedienbar. Verschiedene bauliche Maßnahmen sollten Personenschäden durch Unachtsamkeit vorbeugen: Der Rangierer war auf den offenen Endbühnen innerhalb des Fahrzeugprofils geschützt und das Lokpersonal konnte nach Verlassen des Führerstandes neben dem Vorbau rundum die Verkehrslage beobachten, bevor vom Fahrzeug abgestiegen wurde. Die Lok war mit hydraulischer Kraftübertragung versehen, die beiden Achsen wurden über Ketten angetrieben. Die Typbezeichnung lautete LB 0-4-0 CD (0-4-0 = Achsfolge B, CD = chain drive). Die allgemein als gelungen betrachtete Konstruktion war 1968 dem "Council of Industral Design" (CoID) eine Prämierung in der Kategorie "Capital Goods" und der Fachzeitschrift "Design" einen ausführlichen Artikel wert (s.u.).

Der Erfolg mit dem Modell LB 0-4-0 CD veranlaßte Sentinel zu weiteren Entwicklungen mit stärkeren Motoren. So enstanden die dreiachsige 0-6-0, die vierachsige 0-8-0 mit zwei Motoren und ein weiterer zweiachsiger Typ 0-4-0. Bei allen drei Typen wurden die Radsätze mittels Kuppelstangen angetrieben. Als letzte Entwicklung ist die dreiachsige 0-6-0 "Steelman" mit Antrieb über Gelenkwellen zu nennen. Auf Grund ihrer robusten Konstruktion wurden die Maschinen im industriellen Bereich wie Mienen, Stahlwerken, Häfen etc. eingesetzt. Die Standardlackierung erfolgte in "Oxford Blue", verschiedene Industriekunden wählten abweichende Farbgebungen. 1971 wurde die Lokproduktion in Shrewsbury zu Gunsten der Fertigung von Motoren eingestellt. Das Werk wurde 1985 mit Übernahme der Rolls Royce Diesel International an die Perkins Engines Company Ltd. Peterborough veräußert. Im Zeitraum 1959-71 wurden insgesamt 290 Sentinel-Loks mit Rolls Royce Motoren hergestellt, die fast ausschließlich in Groß Britannien verkauft wurden. Vereinzelte Maschinen gelangten nach Dänemark (s.u.), Frankreich und Spanien. Weitere 36 Sentinel 0-6-0 wurden für die portugiesische "Comboios de Portugal" (CP) 1965-66 von der "Sociedades Reunidas Fabricações Metálicas, SA." (SOREFAME) in Lizenz gefertigt.

Die "Kjøbenhavns Frihavns-Aktieselskab" (KFA) beschaffte 1963 eine Sentinel LB 0-4-0 CD für Rangieraufgaben im Kopenhagener Freihafen. Das Fahrzeug mit der Betriebsnummer "4" wurde von den verschiedenen Nachfolgegesellschaften der KFA übernommen. Die Lok gelangte 2002 in den Besitz des dänischen Eisenbahnvereins DJK, nachdem die KFA-Nachfolgerin CMP zwei Maschinen der DSB Reihe MH erworben hatte.


Museal erhaltenes Fahrzeug:
DJK (Depot Marslev): KFA 4


Technische Daten Sentinel LB 0-4-0 CD
Anzahl 1
Hersteller Rolls Royce Sentinel
Baujahr 1962
Achsfolge B
Länge über Puffer - mm
Motor Rolls Royce C6SFL straight six 12.7 litre supercharged diesel, 6 Zylinder
Leistung 170 kW (230 PS) bei 1500 U/min
Kraftübertragung dieselhydraulisch
Höchstgeschwindigkeit 30 km/h
Dienstgewicht 34,0 t

Abbildungen:

Sentinel Shunter der KFA:

DK5352 DK5354 DK0057 DK6976


Britische Varianten der Sentinel Shunter:

DK2956 DK2957 DK2958

DK2959 DK2960 DK2961 DK2962


Portugiesiche Lizenzausgabe der Sentinel Shunter:
Die portugiesischen Eisenbahnen "Comboios de Portugal" (CP) erhielten 1965-66 insgesamt 36 in Lizenz gebaute Sentinel 0-6-0 in 1.668 mm Breitspurausführung als Baureihe 1150.

DK3121 DK3122 DK3123 DK3124


Fahrzeugliste Sentinel LB 0-4-0 CD
Hersteller Fabriknr. / Baujahr Betriebsnr.
Sentinel 10152 / 1962 KFA 4
KFS 4
CMP 4
1963 von KFA in Dienst gestellt
1979 von KFS übernommen
2001 von CMP übernommen
2002 an DJK übergeben


KFA = Kjøbenhavns Frihavns-Aktieselskab
KFS = Københavns Frihavns & Stevedore A/S
CMP = Copenhagen Malmö Port


Quellen:
Bay, William (1977): Danmarks damplokomotiver. Herluf Andersens Forlag.
Bjerregaard, John: Rail-O-Rama: www.railorama.dk
Burall, Paul (1968): Shunting locomotive: Rolls-Royce's Sentinel diesel hydraulic 0-4-0 and 0-6-0. Design 233 May 1968, page 46-48.
Electric Preservation Goup: www.depg.org
Girle, Colin: persönliche Mitteilung.
The Sentinel Drivers Club: www.sentinel-waggons.co.uk


Der "Design"-Artikel von 1968 zu den Sentinel-Loks ist bei VADS (the Visual Arts Data Service) online verfügbar (Links öffnen extern).


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