Steckbrief DB V 200


Zur Ablösung der Dampftraktion verfolgte die DB ein Programm zur Einführung moderner Dieselfahrzeuge und orderte 1952 eine leistungsfähige Lok für den schweren Streckendienst. Zunächst wurden fünf Vorserienmaschinen gemeinschaftlich von der Krauss-Maffei AG und dem Bundesbahn-Zentralamt München entwickelt, wobei die Lokomotivhersteller Henschel, Jung, Krupp, Maschinenfabrik Esslingen und MaK sowie die Motorenhersteller Daimler-Benz, MAN und Maybach beteiligt wurden. Bei der Maschinenanlage, der Steuerung und den Hilfsaggregaten wurde auf bewährte Komponenten aus den Baureihen V 80, VT 08 und VT 12 zurückgegriffen, wobei Produkte verschiedener Hersteller untereinander austauschbar waren. Bereits 1953 konnten die ersten beiden Exemplare der neuen Reihe V 200 auf der Deutschen Verkehrsausstellung in München vorgestellt werden. 1956-59 folgten von Krauss-Maffei 61 und von MaK 20 Serienmaschinen, die u.a. an den Stirnseiten durch die elliptisch gefaßten Signalleuchten und den darüberliegenden Gittern für die "Makrofonanlage" (Signalhörner) erkennbar waren. Die V 200 (ab 1968 Baureihe 220) war die erste serienreife dieselhydraulische Großlok und diente als Grundlage weiterer Entwicklungen. Die DB beschaffte 1962-65 in 50 Exemplaren eine verstärkte Ausführung als Baureihe V 200.1 (ab 1968 Baureihe 221), weitere dieselhydraulische Lokomotiven auf Basis der V 200 wurden nach Großbritannien, Spanien, Jugoslawien und in die Türkei geliefert bzw. dort in Lizenz gefertigt.

Die V 200 war mit zwei voneinander unabhängigen Antriebsanlagen ausgerüstet, da Anfang der 1950er Jahre geeignete Dieselmotoren nur bis 1100 PS verfügbar waren. Unter den hochgesetzten, endständigen Führerständen waren die Strömungsgetriebe angeordnet, die über Gelenkwellen das jeweils darunter befindliche, drehzapfenlose Drehgestell antrieben. Hinter den Führerständen lagen die Motoren und darauf folgend die Kühlanlagen sowie die Behälter für das Kesselspeisewasser. In der Fahrzeugmitte lag schließlich der Dampferzeuger, mit dem 10-12 Reisezugwagen beheizt werden konnten. Die Kraftstoff- und Heizölbehälter waren unterflur zwischen den Drehgestellen angeordnet. Der Unterrahmen der Loks war in Stahlleichtbauweise ausgeführt, der Fahrzeugkasten war selbstragend und fest mit dem Rahmen verschweißt. Alle V 200 waren mit einer Vielfachsteuerung für Doppeltraktion und Wendezugbetrieb ausgestattet.

Der Einsatz der V 200 erfolgte zunächst bundesweit im hochwertigen Reisezugverkehr, später waren sie dann vor Zügen aller Art zu sehen. Zum Ende der 1970er Jahre waren alle Maschinen in Norddeutschland stationiert. Die letzten V 200 wurden 1984 ausgemustert, einige Loks wurden ins Ausland und an Gleisbauunternehmen verkauft. Bei Auslieferung trugen die Loks das charakteristische Farbschema Purpurrot (RAL 3004) / Schwarzgrau (RAL 7021), lediglich die Loks 220 012, 023 und 060 wurden Ozeanblau (RAL 5020) / Elfenbein (RAL 1014) Ozeanblau/Elfenbein (RAL 5020/1014)umlackiert.

Bei der DSB kam es 1981 zu einem akuten Mangel an Traktionsleistung, als sich die Lieferung der neuen Reihe ME unerwartet verzögerte. Daher wurden aus dem Bestand der DB einige V 200 auf Rechnung des Verursachers Henschel angemietet. Die Loks wurden in MZ-Umläufen eingesetzt und waren deshalb in Dänemark ausschließlich in Doppeltraktion zu sehen. Gefahren wurden die Maschinen von deutschen Lokführern, denen ein dänischer Kollege als Lotse beigestellt war. Vom 25. Mai bis 28. September 1981 waren in Jütland und auf Fünen vier V 200-Doppelsätze unterwegs, eine Reservemaschine stand in Padborg bereit. Im Zuge mehrfacher Wechsel waren insgesamt 18 Loks an diesem Einsatz beteiligt. Für größere Reparaturen kehrten die Maschinen in ihre Heimat-Bws Lübeck und Oldenburg zurück.


Technische Daten DB V 200
Anzahl 86
Hersteller Krauss Maffei, MaK
Baujahr 1956-59
Achsfolge B' B'
Länge über Puffer 18.470 mm
Drehzapfenabstand 11.500 mm
Achsstand im Drehgestell 3.200 mm
Motorvarianten Daimler Benz MB 820 Bb (MTU MB 12 V 493 Tz)
MAN L 12 V 17,5/21 B
Maybach MD 650 (MTU MD 12 V 538 TA)
Leistung 2 x 736 kW (1.100 PS) bei 1.500 U/min
Kraftübertragung dieselhydraulisch
Höchstgeschwindigkeit 140 km/h
Dienstgewicht 74,0 - 81,0 t (abhängig von Motortyp)

* = Für die V 200 waren drei untereinander tauschbare Motortypen gleicher Leistung verfügbar.


Abbildungen:

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Die Überführung der V 200 von und nach Dänemark erfolgte in Lokzügen, wobei alle Motoren liefen.

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V 200 zu Gast bei Museumsveranstaltungen:

Anläßlich von Museumsveranstaltungen waren verschiedentlich V 200 in Dänemark zu sehen.

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V 200 bei der DB:

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Zum Verbleib der einzelnen Loks s. Fahrzeugliste


Quellen:
Englmann, Max & Ludwig, Herbert (1963): Handbuch der Dieseltriebfahrzeuge der Deutschen Bundesbahn. Frankfurt a.M.: Vermögensverwalter der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivbeamten und Anwärter GmbH.
Glatte, W. (1981): Diesellokomotiven deutscher Eisenbahnen. Düsseldorf: Alba Buchverlag.
Nielsen Tommy Rolf: www.trn-martens.dk/danish/km/v200.htm
Obermayer, Horst J. (1993): Die Baureihe V 200. Eisenbahn Journal Special 5/93.
Poulsen, John et al. (2008): Danske Statsbaners Motormateriel 1925-2007. Smørum: bane bøger.


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