Steckbrief DSB 101-116 "Ardelt"


Die DSB sammelte ihre ersten Erfahrungen mit stärkeren Kleinlokomotiven durch die Übernahme vereinzelter Wehrmachts-Rangierloks nach 1945, die als DSB 2 und DSB 3 eingereiht wurden. Weiterhin überzeugte die dieselmechanische Transmission der Kleinlok DSB 71 nach dem Einbau eines Ardelt-Getriebes. So entstand der Plan, die Rangier-Dampfloks der Reihe Hs durch entsprechende Motor-Kleinlokomotiven abzulösen. Da das seinerzeitige Angebot der deutschen Hersteller vorwiegend aus dieselhydraulischen Mustern bestand, wendete man sich an die neugegründeten Ardelt-Werke, die ein Modell auf Basis der WR 200 B 14 vorschlugen, das 1950 zunächst in fünf Exemplaren bestellt wurde.

Bei der Ardelt-Kleinlok handelte es sich um eine zweiachsige Lokomotive mit einem Dieselmotor von MAN. Die Kraftübertragung erfolgte über ein pneumatisch geschaltetes 4-Gang Ardelt-Getriebe, das über eine Blindwelle und Kuppelstangen auf die Treibachsen wirkte. Bei der höchsten Übersetzung erreichte die Lok eine Geschwindigkeit von 60 km/h und konnte somit auch leichte Güter- und Anschlußzüge fördern. Die gesamte Maschinenanlage war in einem halbhohen, schmalen Motorvorbau untergebracht, dessen seitliche Wartungsöffnungen mit eingehängten Blechen abgedeckt waren. Am hinteren Fahrzeugende war das rundum geschlossene Führerhaus angeordnet, dessen seitliche Einstiege mit einer großen Öffnung über den hüfthohen Türen ausgeführt waren. Bei schlechter Witterung wurden diese Öffnungen mit einem Vorhang aus Segeltuch verschlossen, als Heizung diente lediglich die Abwärme des Motors. Die Aufbauten der Ardelt-Kleinloks wurden in einem dunkelgrünen Farbschema geliefert, das später zum Standard bei den DSB Rangierloks wurde. Bei der Farbgebung des Rahmens besteht dagegen Unklarheit, da das DSB-Farbschema hier schwarz vorsah, einzelne Bilder werksneuer Ardelt-Kleinloks aber rot zeigen. Weiterhin gibt es Hinweise auf eine weitere baugleiche Lok mit der möglichen Werknummer 203401, die Ardelt für Vorführzwecke auf eigene Rechnung gebaut haben könnte, aber nicht an die DSB lieferte.

Das erste Los der Ardelt-Kleinloks wurde 1951-52 mit leichter Verspätung ausgeliefert und als DSB 101-106 eingereiht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Getriebe, erwiesen sich die Fahrzeuge als zuverlässig und den Dampfloks der Reihe Hs überlegen. So entschloß sich die DSB zu weiteren Beschaffungen, wobei aber die dänische Politik mit Blick auf A/S Frichs, Loks aus heimischer Produktion forderte. Da Ardelt eine Lizenzvereinbarung mit Frichs verweigerte, wurde folgender Kompromiß geschlossen: Ardelt lieferte an die DSB 10 Kleinloks zu einem Stückpreis von DM 150.000,- sowie zusätzliche Getriebe die für Nachbauten bei "einem dänischen Unternehmen" für DM 55.650,- pro Stück. Die 10 Ardelt-Kleinloks wurden 1954 als DSB 107-116 ausgeliefert, wobei zahlreiche Änderungswünsche der DSB umgesetzt wurden. So wurde u.a. der Rahmen verlängert und der Vorbau vergrößert, um die Wartungsarbeiten zu erleichtern. Die seitlichen Öffnungen wurden mit zweiflügeligen Türen versehen, zusätzlich gab es eine Luke auf dem Sattel des Vorbaus. Das Führerhaus wurde ebenfalls vergrößert und nahm jetzt an der Rückwand die Batteriekästen auf, deren Entlüftungsschächte außen an der Rückwand des Führerhauses verliefen. Die Änderungen an den Wartungsöffnungen des Vorbaus sowie die Verlagerung der Batteriekästen wurde auch bei den Fahrzeugen des ersten Loses nachgeführt.

Die Ardelt-Kleinloks wurden landesweit im Rangierdienst und vor lokalen Güterzügen eingesetzt. Dabei gab es keinen Unterschied im Gebrauch zu den später beschafften Nachbauten von Frichs, beide Bauarten wurden umgangssprachlich als "Ardelt traktor" bezeichnet. Anfang der 1970er Jahre erhielten die Fahrzeuge ein oranges Rotorblinklicht auf dem Dach des Führerhauses sowie gelbe Streifen am Vorbau zur Kennzeichnung des vorderen Endes. Als einziges Exemplar erhielt DSB 115 198x einen Austauschmotor mit höherer Leistung: FRICHS 6185CA, 6 Zylinder, 184 kW (250 PS) bei 1000 U/min. Alle Ardelt-Kleinloks wurden Ende der 1980er Jahre ausgemustert, lediglich DSB 115 blieb beim ØSJK erhalten. DSB 116 war ebenfalls zum Erhalt beim DJK vorgesehen, wurde aber 2001 versehentlich in Struer verschrottet.


Museal erhaltenes Fahrzeug:
ØSJK: DSB 115


Zum Verbleib der Fahrzeuge s. Fahrzeugliste.


Technische Daten DSB 101-116
DSB 101-106 DSB 107-116
Anzahl 6 10
Hersteller Ardelt-Werke Ardelt-Werke
Baujahre 1951-52 1954
Achsfolge B B
Länge über Puffer 7.800 mm 8.060 mm
Achsstand 3.200 mm 3.200 mm
Rad-Ø 1.000 mm 1.000 mm
Motor MAN W5V 17,5/22A, 5 Zylinder MAN W5V 17,5/22A, 5 Zylinder
Leistung 123 kW (167 PS) bei 1.000 U/min 123 kW (167 PS) bei 1.000 U/min
Kraftübertragung dieselmechanisch dieselmechanisch
Höchstgeschwindigkeit 60 km/h 60 km/h
Dienstgewicht 28,0 t 28,0 t


Abbildungen:

DSB 101-106:

DK9994 DK12005 DK9889 DK10201

DK6844 DK6845 DK6846 DK6847

DK6848 DK1550 DK0334 DK2362


DSB 107-116:

DK2363 DK0465 DK9890 DK9891

DK2084 DK2085 DK11147


Quellen:
Andersen, Torben (2009): DSBs Ardelt-FRICHs traktorer. Lokomotivet 96: 33-38.
Dressler, Steffen (20--): Efterkrigens rangertraktorer ved DSB 1945-1969. Spor 1 NYT: https://spor1nyt.dk
Lykke Holm, K. (1954): 160 hk dieselrangertraktorer med "Ardelt"-gear. Vingehjulet 12. årgang nr. 2: 16-19 (online verfügbar unter http://rundremisen.dk).
Poulsen, John (2019): Motor Materiel 9 - Ragertraktorer. Smørum: bane bøger.



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