Mitte der 1920er Jahre erarbeitete Frichs verschiedene Projekte, mit denen die DSB zur
Einführung leistungsfähiger Dieselloks bewegt werden
sollte. Wegen des vergleichsweise geringen Gewichtes und der
günstigeren Beschaffung wurde ein hydraulisches Getriebe nach
dem schwedischen System "Rosén" vorgeschlagen, das
allerdings nicht einsatzbereit war. Daher formulierte die DSB 1928
ein Anforderungsprofil für dieselelektrische Loks mit einer
Leistung von 400 PS und einer maximalen Achslast von 12 t, die eine
Anhängelast von 117 t mit 67 km/h in der Ebene befördern
konnten. Die Fahrzeuge sollten mit einem Packraum sowie einem
Dampfkessel zur Zugheizung ausgestattet sein. Entsprechende
Entwicklungsaufträge über je zwei Loks wurden an Frichs als MV 115-116
bzw. an B&W als
MW 117-118 erteilt.
Das Fahrwerk der
MV 115-116 war wie bei den
zeitgenössischen Dapfloks ausgelegt: Die beiden Treibachsen mit
je einem Fahrmotor waren mittig im Rahmen gelagert, die Laufachsen
waren seitlich beweglich in einem einachsigen Lenk- bzw. in einem
zweiachsigen Drehgestell angeordnet. Die Maschinenanlage bestand aus
einem Frichs-Motor, der einen Generator von A/S Titan direkt antrieb,
einzelne Komponenten der Steuerung stammten von der dänischen
A/S Siemens-Schuckert. Die Kühlanlage bestand aus den Frichs-typischen
Röhrenelementen und war auf dem Dach angeordnet. Die Bevorratung
der Betriebsstoffe war für eine Fahrstrecke von 400 km
ausgelegt. Der Wagenkasten war aus Gründen des Gewichts aus
Aluminium aufgebaut, die Führerstände waren mit Übergängen
an den Stirnseiten eingerichtet. Einer der Führerstände
war vergrößert und konnte als Packraum genutzt werden. Zur
Beheizung mitgeführter Reisezugwagen war im Maschinenraum
ein Dampferzeuger System "Clarkson" installiert, der die
Abgaswärme nutzte und zusätzlich mit einer Ölfeuerung ausgestattet war.
MV 115-116 wurden 1929 ausgeliefert und erfüllten bei der Erprobung die
geforderten Fahrleistungen, wobei versuchsweise eine
Spitzengeschwindigkeit von 107 km/h erreicht wurde. Nach Beseitigung
einiger Kinderkrankheiten konnten die Loks zuverlässig
eingesetzt werden und zeigten sich damit gegenüber den B&W-Loks
MW 117-118 überlegen. Beide MV wurden vor Personen- und
Postzügen zunächst im Bereich Kopenhagen eingesetzt und dann
1930 in den 2. Distrikt nach Jütland verlegt. Kritik gab es lediglich an der
Funktion der Heizkessel, die 1936 entfernt und die freigewordenen
Flächen als zusätzliche Packräume genutzt wurden.
Während der deutschen Besetzung Dänemarks wurden die MV
stillgelegt und erst 1947 mit neuen Motoren wieder in Betrieb
genommen. Die Ausmusterung erfolgte 1955, da die Instandhaltung zu
kostspielig war und die Beschaffung moderner Dieselloks der Reihe MY
begonnen hatte. Keine der Loks blieb erhalten.
Technische Daten DSB MV 115-116 |
Anzahl |
2 |
Hersteller |
Frichs |
Baujahr |
1929 |
Achsfolge |
1' Bo 2' |
Länge über Puffer |
11.490 mm |
Motor |
Frichs 672C, 6 Zylinder Frichs 628CL, 6 Zylinder* |
Leistung |
309 kW (420 PS) bei 600 U/min 368 kW (500 PS) bei 650 U/min* |
Kraftübertragung |
dieselelektrisch |
Höchstgeschwindigkeit |
80 km/h |
Dienstgewicht |
54,0 t 58,0 t* |
* = Nach Motortausch 1947.
Abbildungen:
Zum Verbleib der einzelnen Loks s. Fahrzeugliste.
Quellen:
Andersen, Torben (2000): DSBs diesellokomotiver litra MV 115-116. Lokomotivet 60: 20-21.
Christensen, Peter & Poulsen, John (2005): Motor Materiel 6: Motormateriellet fra danske
fabrikker før 1932. Smørum: bane bøger.
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