A. Borsig, Berlin - 5. Borsig Artefakte
1892, 1938: Kesselhaus Herzberge, Berlin:
Das "Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge" in
Lichtenberg bei Berlin nahm 1893 ein Kesselhaus in Betrieb, dessen
Dampf zur Heizung und zur Stromerzeugung genutzt wurde. Nach
wiederholter Erneuerung der Dampferzeuger wurde die Anlage 1991
stillgelegt und das Kesselhaus mit 3 Kesseln unterschiedlicher
Bauarten museal bewahrt, darunter 2 Dampferzeuger aus dem Hause
Borsig:
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Borsig-Doppelflammrohrkessel von 1892: Anfänglich waren 10
Kessel dieser Bauart vorhanden, die über 50 Jahre lang in
Betrieb waren - einer blieb zur Aufbereitung des Kesselspeisewassers erhalten.
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Borsig-Schrägrohrsektionalkessel von 1938: Ursprünglich
in der "Neuen Reichskanzlei" verbaut, wurden 4
Dampferzeuger dieser Bauart 1951 im Kesselhaus Herzberge aufgestellt und bis 1960 betrieben.
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1960-91 übernahmen 2 Kleinwasserrohrkessel der "VEB
Vorwärmer- und Kesselbau Köthen" die Dampfproduktion.
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Standort: Herzbergstrasse 79, 10362 Berlin; GPS: 52°31'41.2"N 13°30'32.4"E
1898: DSB O 318, Odense DK:
Im Dänischen Eisenbahnmuseum in Odense ist mit der Lok
DSB O 318
(Borsig 4650 / 1898) eine der ältesten erhaltenen Borsig-Loks zu sehen. Es
handelt sich um eine Tenderlok für den Nahverkehr um Kopenhagen,
die von dem DSB Maskindirektør Otto F. A. Busse d.J. entworfen
und bei Borsig in Berlin auskonstruiert wurde. Abgesehen von einigen
nachträglichen Umbauten (erhöhter Kohlekasten, gemeinsame
Haube für Dampfdom und Sandkasten, Ausrüstung für
Druckluftbremse) befindet sich die Lok in einem weitgehend
originalgetreuen Zustand. Allerdings wurden bei der Instandsetzung
des Exponats Teile anderer ausrangierter Loks verwendet, darunter die
baugleiche Steuerung einer Lok der Reihe K. Es handelt sich bei DSB O
318 um eine der letzten Lokomotiven aus dem Borsig Eisenwerk in
Moabit, die wenige Monate vor dem Umzug der Lokmontage in das neue
Borsigwerk Tegel ausgeliefert wurde.
Standort: Danmarks Jernbanemuseum, Dannebrogsgade 24, DK-5000 Odense; GPS: 55°24'10.1"N 10°23'11.1"E
1919: Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn "MAMMUT", Elbingerode:
Eine ganz eigene Spezialität des Hauses Borsig waren die schweren Tenderloks der Achsfolge 1' E 1',
die zur Beförderung schwerster Züge auf kurze Distanz konzipiert waren und sich durch eine hohe
Adhäsionslast auszeichneten. Für die "Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn" (HBE)
baute Borsig 1919-20 die 4 Loks der "Tierklasse" (MAMMUT, WISENT, BÜFFEL und ELCH ),
die den Zahnradbetrieb auf den Steilstrecken im Harz mit Steigungen von bis zu 60 ‰ ablösten.
Die Loks zeichneten sich durch eine überragende Zugkraft aus und konnten dank einer dynamischen
Gegendruckbremse auch die Talfahrt zuverlässig sichern. In Folge ihrer relativ kurzen Bauform,
beeindruckten die Loks durch ihren großen Kesseldurchmesser. Die Maschinen gelangten 1949 zur
DR als 95 6676–6679 und wurden 1951-70 ausrangiert. DR 95 6676 (ex MAMMUT) blieb als nicht
betriebsfähiges Exponat des "Verkehrsmuseums Dresden" erhalten und wurde als Leihgabe
an den "Förderverein Rübelandbahn e.V." im alten Triebwagenschuppen in Elbingerode-Rübeland
hinterstellt. An Fahrtagen der Rübelandbahn mit der "Bergkönigin" DR 95 027
ist die MAMMUT vor ihrem Schuppen anzutreffen.
Standort: Eisenbahnmuseum Rübeland, B27, 38889 Elbingerode,
GPS: N 51° 45' 21.6", E 10° 51' 21.0".
1922: Borsig "Saugling":
1922 brachte Borsig einen elektrisch betriebenen Handstaubsauger unter dem Markennamen
"Saugling" auf den Markt (im Ausland: "Saugling
Suctor"), der Vertrieb erfolgte über die eigens gegründete
"Saugling GmbH Berlin". Das Produkt sollte insbesondere die
Arbeitsbelastung der Hausfrau mindern und wurde mit Aussagen wie
"Schnell ist stets das Heim geputzt, wo den Saugling man
benutzt." oder auch "Unser elektrischer Staubsauger
"Saugling" ermöglicht selbst der schwächsten
Frau Arbeit zu leisten, die sonst die Kraft eines Mannes erfordert
hatte.". Ein 5-minütiger Werbefilm erläuterte die
Vorzüge des Sauglings in Lichtspielhäusern. Allerdings war
das Produkt relativ teuer und auch der Anschluß an die
Stromversorgung war längst nicht in allen Haushalten gegeben.
Die Saugling-Produktion wurde im Zuge der Insolvenz 1931 abgestoßen.
Standort: TECHNOSEUM, Museumsstraße 1, 68165 Mannheim; GPS: N 49° 28' 35.2", E 8° 29' 51.3"
1926/-33: Doppelkolbenpumpe für das Radialsystem Berlin:
Der nach seinem Verfasser James Hobrecht (1825-1902) benannte Bebauungsplan für
Berlin von 1862 regelte u.a. das Entwässerungssystem der Stadt
im sogenannten "Radialsystem". Dabei wurden die Abwässer
an 12 tiefliegenden Punkten im Stadtgebiet zusammengeführt und
von dort mittels Pumpwerken auf die Rieselfelder im Umland abgeführt,
die hierzu benötigten Maschinenanlagen lieferte Borsig. Einige
Berliner Pumpwerke blieben erhalten, wobei das "Lapidarium"
am Halleschen Ufer (Kreuzberg) und das "Radialsystem" in
der Holzmarktstraße (Friedrichshain) als Veranstaltungsorte
bekannt wurden. Das Pumpwerk "Radialsystem XII" in der
Friedrichshain verfügt über zwei voll einsatzfähige
Zwillingskolbenpumpen von Borsig, Baujahr 1933. Eine weitere von
Borsig gebaute Doppelkolbenpumpe von 1926 ist als Industrieskulptur
auf einer Grünfläche am Landwehrkanal (Kreuzberg) zu sehen.
Die Pumpe hatte eine Förderleistung von 1.800 m³/h bei 60
U/min und wurde bis 1990 im Abwasserpumpwerk Wildenbruchstraße
(Neukölln) eingesetzt.
Standort Friedrichshain: Rudolfstr. 15, 10245 Berlin, GPS: 52°30'13.8"N 13°27'17.6"E
Standort Kreuzberg: Gitschiner Straße nahe Zossener Brücke, GPS: 52°29'52.8"N 13°23'51.3"E
1935: DRG 05 001, Nürnberg:
Borsig erhielt 1933 von der DRG den Auftrag zur Entwicklung der stromlinienverkleideten
Schnellfahrloks der Baureihe 05. Aerodynamische Modellversuche im
Windkanal sowie Testfahrten der teilverkleideten 03 154 hatten mit
letzterer einen Leistungsgewinn von 385 PS bei einer Geschwindigkeit
von 140 km/h ergeben. 05 001 wurde 1935 als eine der letzten im Werk
Tegel gefertigten Lokomotiven ausgeliefert und einer umfangreichen
Einsatzerprobung unterzogen. 05 002 folgte im selben Jahr als reine
Versuchslok und stellte am 11. Mai 1936 den
Geschwindigkeitsweltrekord für Dampflokomotiven mit 200,4 km/h
auf. 05 003 folgte 1937 als Versuchsträger für
Kohlestaubfeuerung und vorn liegendem Führerstand, wurde nach
enttäuschenden Ergebnissen aber 1944 auf normale
Steinkohlefeuerung umgebaut. Alle 3 Lokomotiven befanden sich nach
1945 im Bereich der DB, wo sie instand gesetzt und 1958 ausrangiert
wurden. Lediglich 05 001 (BLW 14522 / 1935) wurde museal bewahrt und
erhielt im Ausbesserungswerk eine rekonstruierte
Stromlinienverkleidung in der originalen roten Farbgebung. Die Lok
zählt seit 1963 zu den eindrucksvollsten Exponaten des DB Museum in Nürnberg.
Standort: Deutsche Bahn Museum, Lessingstraße 6, 90443 Nürnberg, GPS:
49°26'43.9"N 11°4'28.2"E
1938: Gräflich von Ballestremsche Sandbahn Nr. 9, Warschau:
Einige Kohlegruben in Oberschlesien verfüllten die ausgebeuteten Flöze mit
Sand, der im Sandspülverfahren eingebracht wurde. Das Anliefern
des Versatzmaterials erfolgte mit "Sandbahnen", auf denen
sich die schweren Borsig-Tenderloks bewährten. Es handelte sich
dabei um Sonderlokomotiven in unterschiedlichen Ausführungen,
die aber alle die Achsfolge 1‘ E 1‘ aufwiesen und deren
hohe Achslasten die Zulassung auf den Gleisen der DRG ausschloß.
In den Jahren 1924-38 lieferte Borsig/BLW 5 dieser Loks an die
"Sandbahn-Gesellschaft der Gräflich von Ballestremschen und
A. Borsigschen Steinkohlewerke", Peiskretscham (heute
Pyskowice) sowie eine weitere an die " Preussag
Bergwerk- und Hütten-Verwaltung AG”, Hindenburg (heute
Zabrze). Die Lokomotiven überstanden den 2. Weltkrieg und
wurden nach 1945 von der neugegründeten staatlichen Sandbahn
"Przedsiębiorstwo Materiałów Podsadzkowych
Przemysłu Węglowego" (PMPPW) übernommen, wo sie
bis Anfang der 1970er Jahre eingesetzt wurden. Lok "9"
der Ballestremschen Sandbahn (BLW 14714 / 1938), in Polen als Tkz 211
geführt, blieb als Exponat im Eisenbahnmuseum Warschau (Stacja Muzeum) erhalten.
Standort: Eisenbahnmuseum Warschau (Stacja Muzeum), ul. Towarowa
3,00-811 Warschau, GPS: 52°13′32,1″N 20°59′5,1″E
1942: Rheintochter, Berlin:
Die Rheinmetall-Borsig erhielt Ende 1942 einen Entwicklungsauftrag
über eine ferngelenkte, zweistufige Boden-Luft Flugabwehrrakete
unter dem Namen "Rheintochter". Der Start erfolgte von
einer adaptierten 8,8 cm Flak-Lafette, die erste Stufe mit einem
Feststofftriebwerk wurde nach rund 0,6 s Brenndauer abgeworfen. Die
zweite Stufe verwendete den Flüssigtreibstoff Diglykol und
erreichte an den seitlich angeordneten Düsen eine Brenndauer von
rund 2,5 s. Der Gefechtskopf wog 25 bis 150 kg und reagierte auf
Zielannäherung bzw. wurde per Funksignal gezündet. Beide
Raketenstufen waren mit hölzernen Leitflächen versehen, an
der Spitze der zweiten Stufe erlaubten 4 bewegliche Steuerflächen
die Kontrolle der Flugbahn. Die Steuerung erfolgte vom Boden mittels
Funksignalen, als Antenne diente die Aluminiumbeplankung der
Leitflächen. Bis Ende 1944 wurden 82 Probestarts durchgeführt,
bevor das Projekt zu Gunsten des "Jägernotprogramms"
eingestellt wurde. Eine verbliebene "Rheintochter" kann als
Exponat in der Luftfahrtsammlung des Deutschen Technikmuseums in
Berlin besichtigt werden.
Standort: Deutsches Technikmuseum Berlin, Trebbiner Str. 9. 10963 Berlin, GPS:
52°29'55.5"N 13°22'39.9"E