Die dramatischen Umwälzungen im postkommunistischen Polen Anfang der 1990er Jahre
führten beim Bahnverkehr zur Aufgabe zahlreicher Nebenstrecken
durch die polnische Staatsbahn PKP. Daraufhin entschloß sich 1991
das westpolnische Wojewodztwo Lubuskie (der Regierungsbezirk Lebuser Land), ein Regionalnetz
in Eigenregie zu betreiben. Der Regierungsbezirk Lebuser Land ist übrigens nicht mit
der namensgebenden deutschen Stadt Lebus zu verwechseln, die heute im benachbarten Bundesland
Brandenburg liegt. Am 8. Oktober 1992 wurde die "Lubuska Kolej Regionala" LKR
(Lebuser Regionalbahn) als Aktiengesellschaft gegründet. Für den Personenverkehr
sollten die stillgelegten MA-Triebzüge der DSB beschafft werden, auf die man über
einen dänischen LKW-Vertrieb aufmerksam geworden war. Die
Finanzierung des Projekts wurde von dänischer Seite großzügig
über Fonds zur Förderung Osteuropas erledigt. Die technische und betriebswirtschaftliche
Ausbildung des polnischen Personals erfolgte bei den dänischen Privatbahnen OHJ-HTJ. Diese
regelten 1992 auch die Überführung der Triebzüge (10 Maschinen-, 29
Mittel- und Steuerwagen) und leisteten administrative Unterstützung.
Bei der Übergabe der Triebzüge an die LKR waren zwei
Halbzüge mit den Maschinenwagen MA 462 und 463 einsatzfähig,
alle anderen gelangten zur Aufarbeitung in das
Reparaturwerk ZNTK Poznan (Posen). Die Leistungen des polnischen
Personals können dabei nicht hoch genug eingeschätzt
werden, da nur dänische Unterlagen verfügbar waren und
Ersatzteile ggf. neu gefertigt werden mußten. Nach zahlreichen
formalen Schwierigkeiten nahm die LKR ihren Betrieb am 23. Mai 1993
auf. Hauptsächlich wurden die Verbindungen von Wolsztyn
(Wollstein) nach Sulechów (Züllichau) und Nova Sól
(Neusalz an der Oder) bedient. Eingesetzt wurden vierteilige Halbzüge
mit einem Lokführer und einem Zugführer. Letzterer
verkaufte die Tickets und bediente auch die Schranken an den Bahnübergängen.
Leider war der LKR kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden. Der schlechte Zustand der
Strecken ließ oft nur eine Höchstgeschwindigkeit von 40
km/h und weniger zu, ein Übriges tat die restriktive Haltung der
PKP. So wurde der ursprünglich zugesagte Güterverkehr
verweigert und vorwiegend nur wirtschaftlich unattraktive Strecken
freigegeben. Als Konsequenz wurde Polens einzige Privatbahn zum 1.
Februar 1994 geschlossen. Der Konkursverwalter versuchte die
Fahrzeuge zu veräußern und bot sie u.a. der deutschen
Interlok Bahnconsulting an, die aber auch keinen seriösen
Abnehmer fand. Schließlich wurden die einstigen
Paradezüge der DSB 1995 verschrottet, wobei einige Wagenkästen
von Mittelwagen noch für einige Zeit als Gartenlauben und als
Übergangsheim für polnische Obdachlose erhalten blieben.
Es ist ungewiß, welche MAs aufgearbeitet wurden und welche bei der LKR
tatsächlich zum Einsatz kamen. Definitiv in Betrieb wurden MA
462, 463, 465, 466 und 469 beobachtet. Die LKR übernahm für
ihre aufgearbeiteten Züge das silberne DSB-Design, wobei die
DSB-Schriftzüge durch LKR-Logos in ähnlicher
Form und Farbe ersetzt wurden. An den Stirnseiten wurde
zusätzlich eine größere Fläche gelb lackiert.
Anscheinend wurden die DSB-Betriebsnummern einfach beibehalten.
MA 463 erhielt noch in Dänemark vor der Überstellung einen
besonderen heraldischen Schmuck, der auf gelbem Grund folgende Symbole vereinte:
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Stadtwappen von Zielona
Góra (Grünberg), Hauptstadt des Wojewodztwo Lubuskie. |
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Flügelrad-Emblem der LKR. |
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Flügelrad-Emblem der dänischen Privatbahnen OHJ-HTJ. |
Einführung
Teil 1: Entwicklung, Motorwagen MA
Teil 2: Mittelwagen AM, BM, BR, BS
Teil 3: Einsatz
Teil 4: ex DSB MA bei der LKR in Polen
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