Zur Beschleunigung des Güterumschlags zwischen Schiene und Straße
experimentierten verschiedene Bahnverwaltungen mit Behältersystemen.
Damit sollten Kunden ohne eigenen Gleisanschluß "Von Haus
zu Haus" zügig erreichbar werden. Als eine der ersten
Lösungen wurden 1924 die Tragwagen der "Meierei Bolle AG,
Berlin" mit jeweils vier abnehmbaren Kesseln auf der
Eisenbahntechnischen Ausstellung in Seddin vorgestellt. Die
"
Nederlandsche Spoorwegen" (NS) führten 1938
ihrerseits ein eigenes Behältersystem unter der Bezeichnung
"Laadkist" ein. Hier gab es Behälter in geschlossener
und offener Bauart sowie einfache Plattformen ohne Wände. Der
Schienentransport erfolgte auf zweiachsigen Tragwagen mit Platz für
3 Einheiten. Für den Straßenweg entwickelte die "Van
Doorne’s Aanhangwagenfabriek N.V." (DAF) einen einachsigen
Auflieger, der mit einer Ford-Zugmaschine betrieben wurde. Diese
Auflieger vom Typ "DAF-losser" verfügten über
eine hydraulische Ladevorrichtung, die vom Nebentrieb der Zugmaschine
versorgt wurde und den Ladevorgang im Einmannbetrieb ermöglichte.
Dank der Teleskop-Laufschienen konnten die Behälter hinter dem
Auflieger wahlweise abgesetzt, aufgenommen oder auf Tragwagen
überladen werden bzw. wie eine Lkw-Mulde gekippt werden. Das
System bewährte sich und umfasste bereits 1940 rund 2.500 Behälter.
Die Laadkist war bei der NS bis in die 1970er Jahre im Einsatz.
Im zunehmenden Wettbewerb mit dem Güterverkehr auf der Straße wurde das
Laadkist-Konzept nach 1945 von verschiedenen Bahngesellschaften
wieder aufgegriffen. Auf einer Konferenz in Zürich
verabschiedete der "Internationale Eisenbahnverband" (UIC)
1951 den Standard UIC 590 für eine europaweite Umsetzung des
Systems. Die Behälter wurden nun als "porteur aménagé"
(kurz: "
pa-Behälter") oder auch als "Großbehälter"
oder "Mittelcontainer" bezeichnet. Diese hatten einen
Rauminhalt von min. 3 m³, eine Zuladung von rund 5,0 t bei einem
Eigengewicht von ca. 1,0 t und waren kran- sowie rollbar ausgeführt.
Die Hauptabmessungen waren so definiert, daß ein pa-Behälter
querstehend auf einen Güterwagen paßte und längsstehend
auf einen Lkw verladen werden konnte. Alle Bauformen waren
einheitlich an den Schmalseiten mit Bolzenriegeln zum Einhängen
der Überladehydraulik sowie mit Ösen für die Verzurrungshaken versehen.
Neben der NS nutzten u.a. folgende Bahngesellschaften das pa-Behältersystem:
Die neugegründete
Deutsche Bundesbahn (DB) erprobte verschiedene
Behältersysteme für den Gütertransport und entschied
sich 1950 für das pa-System in einer weiterentwickelten Form.
Neben den offenen und geschlossenen Standardbehältern gab es
spezielle Bauarten für Schüttgut, Kühlfracht und
vieles mehr. Behälter für flüssiges Ladegut wie
Kraftstoffe, Chemikalien oder Bier wurden dagegen meist als
Privatbehälter beschafft. Die ersten Tragwagen mit 3
Behälterständen wurden aus zweiachsigen Schadwagen
umgebaut, nachfolgende Neukonstruktionen boten Stellplätze für
3, 4 oder 5 Einheiten. Für die Zustellfahrzeuge entwickelte die
"Ackermann Fahrzeugbau" den einachsigen Auflieger "B
900", bei dem die hydraulisch betriebene Absetzvorrichtung auf
einem höhenverstellbaren Schwenkrahmen gelagert war. So ließen
sich die pa-Behälter in drei Richtungen von Fahrzeug aus
absetzen bzw. kippen. Das pa-System wurde von der DB massiv ausgebaut
und erreichte Mitte der 1960er Jahre seinen Höhepunkt mit rund
25.000 pa-Behältern, 5.700 Tragwagen sowie einigen hundert
Zustellfahrzeugen. Allein 1960 beförderte die DB 695.000
pa-Behälter mit über 3 Mio. t Fracht. Dabei war die Nutzung
der Behälter für die Kunden kostenfrei, es wurde lediglich
das beförderte Gewicht abgerechnet. Ab 1966 verlagerten sich die
Transportleistungen auf den reinen Straßenverkehr und die
pa-Behälter wurden zunehmend durch Standardcontainer abgelöst.
Das pa-System wurde Anfang der 2000er Jahre eingestellt.
Auch die
Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) übernahmen 1949
das pa-System, die Behälter hießen hier "Ob-Container".
Zunächst wurden einige Zustellfahrzeuge der NS übernommen,
bis 1965 beschafften die SBB 196 Tragwagen für jeweils 3 bis 5
Einheiten sowie rund 800 pa-Behälter in verschiedenen
Ausführungen und 21 Sattelauflieger. Das pa-System erreichte in
der Schweiz nur begrenzte Verbreitung, da hier relativ viele
Güterumschlagstationen und Anschlußgleise vorhanden waren
und bereits früh auf Paletten im Güterverkehr gesetzt
wurde. Anfang der 1980er Jahre stellte die SBB das pa-System ein.
Die
Belgischen Staatsbahnen (SNCB-NMBS) entschieden sich ebenfalls 1949
für das das pa-System und übernahmen einige Zustellfahrzeuge der NS.
Bei den
Dänischen Staatsbahnen (DSB) gab es mehrere Ansätze zur Einführung des
pa Behälter-Systems. So wurden 1956 drei Tragwagen der Gattung BTs mit verschiedenen pa-Behältern
sowie ein Zustellfahrzeug mit Ackermann-Auflieger am Güterbahnhof
in Kopenhagen vorgeführt. Bei einer weiteren Erprobung 1961
wurde ein Tragwagen mit vier Bierbehältern nach Skælskør
gesandt. Hier wurden die pa-Behälter mit einem von der DB
entliehenen Ackermann-Zustellfahrzeug an eine lokale Brauerei
geliefert und dort die Ladung in Flaschen abgefüllt. Schließlich
erwarb die DSB 1963 einen Ackermann-Auflieger mit einer Bedford
Zugmaschine, um Kunden in Kopenhagen und der näheren Umgebung
bedienen zu können. Die DSB verzichtete aber auf die Beschaffung
eigener pa-Behälter und Tragwagen, stattdessen initiierte man 1989 die
letztendlich glücklose "
+box".
Bei den dänischen Privatbahnen hatte bereits 1899 die "Kolding-Egtved Jernbane" (KEJ)
ein System eingeführt, bei dem
Vognfading-Behälter zwischen
schmal- und regelspurigen Tragwagen umgesetzt wurden.
Andere Bahnverwaltungen entwickelten unabhängig vom pa-System eigene Behälterkonzepte für den
kombinierten Straßen-Schienenverkehr. Dazu zählten die Britischen Bahnen (BR) mit ihren
"Freightliner"-Behältern, die Schwedischen Staatsbahnen (SJ) mit ihrem 1977 eingeführten
"C-sam"-System und nicht zuletzt die DSB mit ihrer +box.
Quellen:
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Kirkebeæk, E. (1961): Øltransport i storbeholdere. Vingehjulet 18. årgang nr. 9: 94-96.
Kirkebeæk, E. (1963): Udkørsel af pa-beholdere i København og udvidet
anvendelse af vognbjørne. Vingehjulet 20. årgang nr. 10: 161-162.
Lehmann, Heinrich & Pflug, Erhard (1956): Der Fahrzeugpark der Deutschen Bundesbahn und
neue von der Industrie entwickelte Schienenfahrzeuge. Georg Siemens Verlagsbuchhandlung Berlin und Bielefeld.
Leibbrand, K. (1951): Rückblick auf die Internationale Behälter-Ausstellung 1951 in Zürich.
Schweizerische Bauzeitung 17. November 1952: 643-645.
MIBA-Spezial 54 (2002): Kombinierter Ladungsverkehr. Fürstenfeldbruck: Verlagsgruppe Bahn GmbH
N. N. (1943): Spoorwegtechniek: rollend materieel.
Sachse, Erikjan, Nahon, Hans & Nabbe, René (2019): Van Huis tot Huis per Spoor. Uitgeverij Uquilair B. V.
Spilt, Nico: Laadkisten, containers, opleggers. Langs de rails, www.nicospilt.com.
Voepel, Martin: SBB Kufen und pa-Behälter System, www.voepelm.de.
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