Steckbrief DB 605 "ICE TD"


Zur Einbindung nicht elektrifizierter Strecken in das ICE-Netz bestellte die DB 1997 20 vierteilige Dieseltriebzüge bei einem Konsortium bestehend aus Siemens, Duewag und DWA. Speziell für die topografischen Eigenschaften der Strecken Dresden-Nürnberg (Sachsen-Franken-Magistrale) und München-Zürich wurden die Züge mit Neigetechnik ausgelegt. Die Fahrzeuge wurden als Baureihe 605 eingereiht und erhielten die Typbezeichnung "ICE TD". Schon bald nach der Indienststellung 2001 zeigten sich vielfältige Probleme insbesondere mit der Neigetechnik. ICE TD 09 stürzte 2001 von einer Hebebühne im Bahnbetriebswerk und wurde abgestellt. Mitte 2003 führten ein Achsbruch, häufige Ausfälle und hohe Betriebskosten schließlich zur Stillegung der Züge. Versuche, die Züge an die ÖBB und andere Bahngesellschaften zu veräußern blieben erfolglos, erst anläßlich der Fußball WM 2006 kamen neun ICE TD mit stillgelegter Neigetechnik wieder in den Planbetrieb. Einige der Züge übernahmen anschließend weitere Sondereinsätze, andere wurden längerfristig an die DSB vermietet (s.u.).

Die ICE TD bestehen aus zwei Kopf- und zwei Mittelwagen und können in Mehrfachtraktion von bis zu drei Einheiten gefahren werden. Auch ein gemischter Betrieb mit den elektrischen ICE-Baureihen 411 und 415 ist möglich. Die verschieden eingerichteten Fahrzeugtypen werden als Unterbaureihen 605.0, 605.1, 605.2 und 605.5 geführt. Die Ordnungsnummern setzen sich aus dem Suffix der Baureihe und der laufenden Nummer des Zuges zusammen. So besteht z.B. ICE TD 01 aus den Wagen 605 001, -101, -201 und -501. Die Wagenkästen der ICE TD sind in Aluminium-Integralbauweise ausgeführt und entsprechen weitgehend denen der elektrischen Neigetechnik-Triebzüge des Typs ICE-T, DB-Baureihe 411. Neue Wege wurden beim Antrieb und bei der Neigetechnik beschritten: Jeder Wagen ist Unterflur mit einem Dieselmotor-Generatorsatz ausgerüstet, der in einem Tragrahmen schwingungsgedämpft gelagert ist. Je zwei Dieselmotor-Generatoreinheiten speisen einen gemeinsamen Spannungszwischenkreis eines Kopf- und eines Mittelwagens, die so als Traktionseinheit wirken. Jeder Wagen verfügt in einem der beiden Drehgestelle über zwei Drehstrom-Fahrmotoren. Mit einer Tankkapazität von 1000 l pro Wagen wird eine Reichweite von ca. 2000 km erreicht. Die von Siemens entwickelte Neigetechnik wirkt über eine elektromechanische Stelleinrichtung und ermöglicht Kippwinkel von bis zu 8°. Die Neigeantriebe sind in den Drehgestellen angeordnet, jeder Wagen verfügt über ein eigenes Neigeregelsystem. Seit ihrer Ablieferug zeigen die Triebzüge das ICE-Design mit Wagenkästen in Lichtgrau (RAL 7035) und einem Zierstreifen in Verkehrsrot (RAL 3020).

Die Verzögerungen bei der Auslieferung ihrer IC4 Schneltriebzüge veranlaßten die DSB, kurzfristig eine Alternative für den schnellen Fernverkehr zu suchen. Gemeinsam mit der DB wurden die EuroCity-Verbindungen Hamburg-Flensburg-Århus sowie Berlin-Hamburg-Lübeck-Puttgarden-Kopenhagen (Vogelfluglinie) für den grenzüberschreitenden Schnellverkehr mit ICE TD-Garnituren eingerichtet. Durch den Wegfall des Lokwechsels an den Landesgrenzen und durch höhere Geschwindigkeiten ließ sich so eine deutliche Verkürzung der Fahrzeiten erreichen. Für den Einsatz in Dänemark wurden 10 ICE TD mit dem Zugsicherungssystem ATC und dem dänischen Zugfunk nachgerüstet, im Fahrgastbereich wurden die in Dänemark üblichen Piktogramme angebracht. Die Umrüstung erfolgte in den Krefelder und Hamburger DB-Werken und kostete pro Triebzug rund 1 Mio. Euro. Auf dänischer Seite waren darüber hinaus Anpassungen von Bahnsteigen sowie die Installierung einer 1 kV Stromversorgung auf den Scandlines-Schiffen "M/V Deutschland" und "M/V Prins Richard" notwendig. Die Wartung der Triebzüge erfolgt im Hamburger ICE-Betriebswerk der DB. Die Farbgebung wurde von der DSB übernommen und lediglich die Anschriften ergänzt. DB 605 006/506 erhielt im März 2014 als einziger ICE TD das DSB-Farbschema grau/blau durch Aufbringen von Folien im Werk Ammendorf.

Der deutsch-dänische EuroCity-Verkehr wurde am 9. Dezember 2007 eröffnet und war vertraglich auf mindestens 13 Jahre angelegt. Für alle Anschriften im Fahrgastbereich sowie die Ansagen der Zugbegleiter wurden die Sprachen Deutsch, Dänisch und Englisch verwendet. Die DSB leistete ein kilometerabhängiges Nutzungsentgeld und bezuschußte die notwendigen Investitionen beim Umbau der Fahrzeuge. Die ICE TD konnten in Mehrfachtraktion von bis zu drei Triebzügen gefahren werden, die Neigetechnik blieb deaktiviert. Der Halt an einigen Bahnhöfen in Südjütland entfiel, da die Bahnsteige zu niedrig waren. Lediglich in Padborg wurden provisorische Einstiegshilfen gestellt. In Deutschland endeten die Verbindungen in Hamburg mit ICE-Anschluß nach Berlin. Nur ein Zugpaar fuhr in Doppeltraktion durchgehend ab Berlin Ostbahnhof und wurde in Hamburg in Flügelzüge nach Århus und Kopenhagen geteilt. Das Vorhaben wurde von den Bahnkunden begeistert angenommen, da bereits nach den ersten acht Monaten eine Steigerung der Fahrgastzahlen um 95 % im Vergleich zum Vorjahr festgestellbar war. Als nachteilig erwieß sich allerdings, daß die Fähren zwischen Puttgarden und Rødby Havn zwei IC3, aber nur einen ICE TD aufnehmen konnten. Darüber hinaus ließen sich die dänischen IC3 deutlich wirtschaftlicher betreiben und boten einen höheren Komfort, insbesondere durch eine bessere Lärmdämmung im Fahrgastbereich. Der Einsatz der ICE TD in Dänemark endete zum 30. September 2017. Am 8. November 2017 erfolgte eine feierliche Abschiedsfahrt für die Triebzüge der Baureihe 605 ICE TD von Hamburg nach Puttgarden und zurück, zu der DB-Mitarbeiter geladen waren.

Folgende Triebzüge wurden für den Dänemarkverkehr ertüchtigt: TD 03-07, TD 10-11, TD 14, TD 16-20.

Technische Daten DB 605 "ICE TD" in Dänemark:
Anzahl 13
Hersteller Siemens Verkehrstechnik, Bombardier
Baujahr 1999-2000
Achsfolge 2'Bo' + Bo'2' + 2'Bo' + Bo'2'
Länge über Kupplung 106.700 mm
Motor 4 x Cummins QSK 19-R P, 6 Zylinder
Leistung 4 x 560 kW (4 x 761 PS) bei 2.100 U/min
Kraftübertragung dieselelektrisch (Drehstrom)
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
Dienstgewicht 219,0 t
Sitzplätze 195 + 1 Rollstuhlplatz, 5 WC


Technische Daten DB 605 "ICE TD":
605.0: Kopfwagen 2. Kl. 605.1: Mittelwagen 2. Kl. 605.2: Mittelwagen 2. Kl. 605.5: Kopfwagen 1. Kl.
Betriebsnummern 605 001-020 605 101-120 605 201-220 605 501-520
Gattung Bpmf Bpmb BRpm Apmf
Anzahl 20 20 20 20
Hersteller Siemens, Bombardier Siemens, Bombardier Siemens, Bombardier Siemens, Bombardier
Baujahr 1999-2000 1999-2000 1999-2000 1999-2000
Achsfolge 2' Bo' Bo' 2' 2' Bo' Bo' 2'
Länge über Kupplung 27.000 mm 25.000 mm 25.000 mm 27.000 mm
Dienstgewicht - t - t - t - t
Sitzplätze 2. Kl.: 63 2. Kl.: 51 2. Kl.: 40 1. Kl.: 41
Einrichtung Lounge + Großraum Großr. + Servicebereich Großraum + Bistro Lounge + Großraum


Abbildungen:

ICE TD in Dänemark:

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DK2771 DK2773 DK2774 DK2775 DK2776


Deutsch-Dänische EuroCity Premiere:

Der deutsch-dänische EuroCity-Verkehr begann am 9. Dezember 2007: ICE TD 03 startete in Kopenhagen und nahm die "Vogelflugroute" über Rødby-Puttgarden, ICE TD 04 startete in Århus. Beide Flügelzüge wurden in Hambug Hbf vereint und erreichten gemeinsam Berlin.

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ICE TD bei der DB:

2018 übernahm die "DB Systemtechnik" die Triebzüge TD 17 und TD 19, die als "advanced TrainLab" im Rahmen des europäischen Forschungsförderprogramms "Shift2Rail" als Versuchsträger eingesetzt wurden.

DK10430


Quellen:

Christensen, John & Lundstrøm, Jan (2019): Ti år med BR 605 i Danmark. Jernbanen 1/2019: 48-58.
DBAG (2007): Fit für die Vogelfluglinie. Bahntech 02/07: 10-11.
Dostal, Michael (2007): DB-Fahrzeuge. Lokomotiven und Triebwagen. München: GeraMond Verlag GmbH.
Franke, Claudia: ICE-Fanseite. www.ice-fansite.com
N.N. (2013): Dieseltriebwagen im Fernverkehr: Die Baureihen 605 und 612. Lokreport, ICE-Reihungen (offline).
Schollbach, Dennis: ICE-Fanpage. www.ice-fanpage.de (offline)
Werske, André: Die schnellsten Züge der Welt. www.hochgeschwindigkeitszuege.com


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