Steckbrief DSB H 783-788, 799-800


Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach dem ersten Weltkrieg sah sich die DSB mit der Forderung nach schnelleren und schwereren Güterzügen konfrontiert, mit denen die vorhandenen Loks hoffnungslos überlastet waren. Eine besondere Herausforderung stellte die Strecke Fredericia-Århus dar, auf der Steigungen bis zu 10 ‰ bewältigt werden mußten. Dabei waren im grenzüberschreitenden Verkehr mit Deutschland Züge mit einem Gewicht von 800-1000 t zu erwarten. Es wurde daher eine Güterzuglok mit ausreichender Leistung und Adhäsionsgewicht gefordert, die ggf. auch vor Reisezügen einsetzbar sein sollte. Im Zuge der technischen Vereinheitlichung sollten möglichst viele Komponenten mit der Reihe R II kompatibel sein und der bewährte Tender Typ III verwendet werden. Einmal mehr ging der Auftrag an die A. Borsig GmbH in Berlin-Tegel, die ein entsprechendes Muster unter weitgehender Verwendung der Drillingsmaschine, des Kessels und des Führerhauses der Reihe R II entwarf. Das Fahrwerk war D-gekuppelt, wobei die erste Kuppelachse mit einer vorgelagerten Laufachse in einem "Krauss-Helmholtz" Gestell zur besseren Kurvengängigkeit zusammengefaßt war. Auch dieser Entwurf zeichnete sich wie die Reihe R durch eine langgezogene Verkleidung für Dampfdom und Sandkasten sowie durch eine spitze Rauchkammertür aus.

Borsig lieferte 1923 zwei Musterloks, die zunächst ausführlich auf der Berliner Ringbahn sowie im Lokomotiv-Versuchsamt Grunewald erprobt wurden und anschließend als DSB H 799-800 eingestellt wurden. Bereits im Folgejahr erging an Frichs ein Auftrag über 10 Serienmaschinen, die 1926 als DSB H 789-798 ausgeliefert wurden. Die Loks entstanden nach den Borsig-Plänen mit geringfügigen Anpassungen wie einer Vergrößerung der Überhitzerfläche. Ende der 1930er Jahre entstand Bedarf an weiteren Güterzugloks. Da die DSB sich verpflichtet hatte, neue Loks bei Frichs zu beschaffen, dem Unternehmen aber keine eigenen Konstruktionen zutraute, wurde eine weitere Serie als DSB H 783-788 bestellt. Diese Maschinen zeichneten sich durch einen weiteren Dom zur Dampftrocknung und einen Schornstein mit größerem Querschnitt System "Le Maître" aus. Der Tender erhielt größere Vorräte in geschweißten Behältern und schloß mit einem Schirm gegen den Führerstand ab. Die Auslieferung der Loks erfolgte 1941 und war mit erheblichen Qualitätsmängeln behaftet. So verursachten u.a. falsche Montage mehrfach abgebrannte Treibstangenlager. Zur Unterscheidung wurden die neuen Maschinen als Reihe H II geführt und die ältere Ausführung als H I bezeichnet. Während der Betriebszeit erfuhren die Loks nur wenige Änderungen: Bei der R II wurden wegen der geringeren Ausstoßgeschwindigkeit des Abdampfes aus dem "Le Maître"-Schornstein Windleitbleche nachgerüstet. Einige Loks erhielten in den 1940er Jahren Rauchkammerverschlüsse mit Vorreibern anstatt der Zentralverriegelung mit Handrad.

Die Reihe H bewährte sich als Güterzulok, ihr Einsatz erfolgte in Jütland und ab 1935 auch auf Fünen. Ab den 1950er Jahren wurden die Loks durch die Reihen N und MY zunehmend vor schweren Güterzügen verdrängt und fanden sich nun auch im Personenzugdienst. Der größte Teil der Reihe H wurde im Lauf der 1960er Jahre abgestellt. Die Loks H 800 und H 783 wurden erhalten. Letztere war 1984-2001 als Denkmal bei den kopenhagener Zentralwerstätten aufgestellt und wird seit Ende 2017 beim im Museum Gedser Remise durch freiwillige Helfer des DJK wieder in Stand gesetzt.


Museal erhaltene Fahrzeuge:
Danmarks Jernbanemuseum: DSB H 800 (H I, Borsig), DSB H 783 (H II, Frichs)



Technische Daten DSB H 783-788, 799-800:
H 799-800 (H I) H 789-798 (H I) H 783-788 (H II)
Anzahl 2 10 6
Hersteller Borsig Frichs Frichs
Baujahre 1923 1926 1941
Bauart, Steuerung 1' D h3, Winterthur 1' D h3, Winterthur 1' D h3, Heusinger
Länge über Puffer 19.465 mm 19.465 mm 19.535 mm
Rostfläche 2,62 m² 2,62 m² 2,62 m²
Verdampfungsheizfläche 156,0 m² 139,38 m² 139,38 m²
Überhitzerfläche 44,0 m² 55,0 m² 55,0 m²
Kesselüberdruck 12 atm 12 atm 13 atm
Zylinder-Ø 470 mm 470 mm 470 mm
Kolbenhub 670 mm 670 mm 670 mm
Treib- und Kuppelrad-Ø 1.404 mm 1.404 mm 1.404 mm
Laufrad-Ø 934 mm 934 mm 934 mm
indizierte Leistung 1.200 PS 1.200 PS 1.200 PS
Zugkraft 12.300 kg 12.300 kg 12.300 kg
Höchstgeschwindigkeit 70 km/h 70 km/h 80 km/h
Dienst- / Reibungsgewicht der Lok 78,9 t / 66,5 t 81,3 t / 68,0 t 81,3 t / 68,0 t
max. Achslast 16,6 t 17,0 t 17,0 t
Tender: Achsfolge / Dienstgewicht 4 / 48,4 t 4 / 48,4 t 4 / 57,0 t
Vorrat: Wasser / Kohle 21,0 m³ / 6,0 t 21,0 m³ / 6,0 t 27,0 m³ / 8,0 t



Abbildungen:

H I:

DK9698 DK13047 DK10328 DK10329 DK1902 DK1903

DK11888 DK3337 DK3299

DK1907 DK1906 DK1905 DK2591 DK2592

H II:

DK12745 DK3293 DK3499


Zum Verbleib der einzelnen Loks s. Fahrzeugliste


Quellen:
Andersen,Torben (2004): Dansk Jernbanehistorie 1. Næstved: Lokomotivet´s forlag.
Andersen, Torben (2005): DSB litra H. Lokomotivet 83: 35-41.
Bay, William (1977): Danmarks damplokomotiver. Herluf Andersens Forlag.
Dresler, Steffen (2008): DSB litra R, H og S. Særskrift nr. 29, Lokomotivets forlag.
Larsen, Joachim: Projekt H 783. www.h783.dk
Steffan, Hans (1926): 1D-Drilling-Heißdampf-Güterzug-Lokomotive mit vierachsigem Tender der Dänischen Staatsbahn. Die Lokomotive 23. Jahrgang, Heft 8: 139-140. (DVD-Ausgabe 2007, Bahnmedien.at)


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