Mit der Eröffnung der Øresundbrücke 2000 vereinbarten die Anrainer DSB und SJ, die beiden
Küstenregionen mit einem gemeinsamen Regionalverkehr zusammen zu führen. Auf dänischer
Seite betraf dies mit der "Kystbane" zwischen Kopenhagen und Helsingør die am stärksten
frequentierte Relation der DSB sowie die Anbindung des Flughafens Kastrup. Auf der schwedischen Seite
gehörte zunächst die Verbinding Malmö-Helsingborg dazu, ab 2002 erweiterte sich das
Einzugsgebiet auf ganz Südschweden mit den Destinationen Kalmar, Bleckinge und Göteborg.
Für den grenzüberschreitenden Verkehr beschafften die Bahngesellschaften gemeinsam elektrische
Triebzüge, die mit den beiden Stromsystemen AC 25 kV, 50 Hz (DK) und AC 15 kV, 16,67 Hz (S) sowie
mit den ATC-Zugsicherungssystemen beider Länder kompatibel waren. Der Auftrag ging an "Adtranz
Sweden AB", die den dreiteiligen Typ "Contessa" entwickelte, der allgemein als
"Øresundstog" bzw. "Öresundståg" bekannt wurde. Wie bei der
dänischen Fahrzeugfamile "Flexliner", waren die Führerstände mit-"Gumminasen"
versehen, die bei gekuppelten Einheiten die gegenüberliegenden Stirnseiten miteinander abdichteten und
den Übergang durch die unbenutzten Führerstände gestatteten. Trotz dieser Parallele waren
die neuen Züge keine "Flexliner" wie die DSB-Baureihen
ER und
MF, da die Wagenkästen nicht als Aluminium-Leichtbau, sondern aus
rostfreiem Stahl ausgeführt wurden, die einzelnen Wagen waren auch nicht durch Jakobsdrehgestelle
verbunden. Bis zu 5 Einheiten konnten in Mehrfachtraktion gefahren werden, allerdings nicht in Kombination
mit anderen Flexliner-Produkten. Der Antrieb erfolgte auf alle Achsen der Endwagen, der Mittelwagen lief
auf antriebslosen Drehgestellen und trug die Pantografen auf dem Dach. Die Fahrgastbereiche waren als
Großraum mit 2+2 Sitzteilung und Mittelgang eingerichtet. Die beiden Endwagen unterschieden sich in
ihrer Einrichtung und wurden entsprechend als Einheit A (1. und 2. Kl.) und B (nur 2. Kl.) differenziert.
Der zentrale Abschnitt des Mittelwagens war als Niederflur-Funktionsraum mit Platz für Fahrräder,
Kinderwagen, Rolstühle etc. ausgeführt und verfügte über ein rollstuhlgerechtes WC.
Die DSB führte die Endwagen A als
ET 43xx/44xx, die Endwagen B als
ET 45xx/46xx und die Mittelwagen
als
FT 47xx/48xx. Bei der SJ wurden die Triebzüge als Reihe
X31K geführt. Die
Betriebsnummern waren für beide Betreiber einheitlich und identisch mit den Werksnummern der Waggons.
2002 beschaffte die SJ 7 Triebzüge, die für den innerschwedischen Fernverkehr mit 2+1 Sitzteilung
in der 1. Kl. sowie einer Küchenzeile im Mittelwagen eingerichtet waren. Diese Züge erhielten
die Baureihe
X32K, wurden aber 2007 an den X31K-Standard angeglichen. Das Adtranzwerk Kalmar
übernahm die Fertigung der Wagenkästen für die ET/X31K, die am Standort Västerås
(vorm. ASEA) endmontiert wurden, die Gumminasen lieferte der Standort Randers (vorm. Scandia).
Nach anfänglichen Problemen wurden die Züge erfolgreich
eingesetzt und es erfolgten mehrere Nachbestellungen. Die Produktion des Modells Contessa wurde beim
Verkauf von Adtranz durch Bombardier 2001 mit übernommen, die letzten Exemplare entstanden am
Standort Hennigsdorf. In den Jahren 2000-12 wurden insgesamt 104 ET/X31K sowie 7 X32K ausgeliefert,
bevor Bombardier das Modell einstellte. Von den insgesamr 111 Zügen erhielt die DSB 34, die 77 anderen
gingen an schwedische Betreiber.
In den ersten Jahren betrieben DSB und SJ den Öresundverkehr gemeinschaftlich, wobei das Depot
Helgoland in Kopenhagen die Wartung und Reparaturen übernahm. Unabhängig von den Eigentümerverhältnissen,
erschienen die Züge in Lichtgrau mit einem dunkelblau abgesetzten Fensterband, das im Niederflurbereich
des Mittelwagens auf dunkelgrün wechselte. Die EU-weite Liberalisierung des
Eisenbahnmarktes führte aber schon bald zu unübersichtlichen Betreiber- und Eigentumsverhältnissen.
So übernahmen die schwedischen Provinzen die Verantwortung für ihren Regionalverkehr und
schrieben diesen öffentlich aus, zeitgleich wurde auch der dänische Teil des Öresundnetzes
ausgeschrieben. Zu den Bietern zählte das Joint Venture "DSBFirst", bestehend aus DSB
(70%) und der britischen "First Group" (30%), das die Ausschreibung vollständig gewann.
Offensichtlich ging man die Aufgabe aber etwas überambitioniert an und erlaubte sich illegale
Querfinanzierungen durch die DSB. Der daraufhin abgelehnte Jahresabschluß 2010 wies anstatt
des ursprüglich angegebenen Gewinns von DKK 173 Mio. nach der Überarbeitung einen Verlust
von DKK 551 Mio. aus. Gleichzeitig prognostizierte ein Gutachten des Beratungsunternehmens KPMG
weitere Verluste bei Fortführung des Betriebes. In Folge dieses Skandals zog sich die First
Group zurück, die DSBFirst wurde 2011 als "DSB Øresund" neu aufgestellt
und betrieb nur noch die dänische Seite des Verkehrsverbundes, die ET-Triebzüge verblieben
bei der DSB. Den schwedischen Teil des Netzes übernahm die "Veolia Transport Sverige
AB". Die X31K- und X32K-Züge blieben im Besitz der Betreibergesellschaften Skånetrafiken,
Blekingetrafiken AB, Kalmar Länstrafik, Länstrafiken Kronoberg, Hallandstrafiken AB,
Västtrafik AB sowie der SJ. 2022 übernahm "Skånetrafiken" den
Øresundverkehr und erwarb die bei der DSB verbliebenen Fahrzeuge, ab Ende 2025 war die
"VR Sverige AB" (eine Tochter der Finnischen Staatsbahn) für den Øresundverkehr zuständig.
Technische Daten DSB ET / SJ X31K 4301-4411 "Øresundstog": |
Anzahl |
104 ET/X31K + 7 X32K |
Hersteller |
Adtranz / Bombardier |
Baujahre |
2000-12 |
Achsfolge |
Bo' Bo' + 2' 2’ + Bo' Bo' |
Länge über Kupplung |
78.900 mm |
Drehzapfenabstand |
19.000 mm |
Achsstand im Antriebs- / Laufdrehgestell |
2.700 / 2.700 mm |
Rad-Ø |
- mm |
Spannungssystem |
AC 25 kV, 50 Hz / AC 15 kV, 16,67 Hz |
Leistung |
2.300 kW (8 x 287,5 kW) |
Anfahrzugkraft |
170 kN |
Höchstgeschwindigkeit |
180 km/h |
Dienstgewicht |
156,0 t |
Sitzpl. 1. / 2. Kl. |
20 / 174 + 35 Klapps. |
Einrichtung |
1 Funktionsr., 1 Dienstabt., 2 WC |
Fahrzeugdaten DSB ET / SJ X31K 4301-4411 "Øresundstog": |
|
ET 43xx/44xx (A) |
FT 47xx/48xx |
ET 45xx/46xx (B) |
Anzahl |
104 |
104 |
104 |
Hersteller |
Adtranz / Bombardier |
Adtranz / Bombardier |
Adtranz / Bombardier |
Baujahre |
2000-12 |
2000-12 |
2000-12 |
Länge über Puffer/Kupplung |
- mm |
- mm |
- mm |
Dienstgewicht |
- t |
- t |
- t |
Sitzpl. 1. / 2. Kl. |
20 / 56 + 3 Klapps. |
- / 18 + 21 Klapps. |
- / 80 + 6 Klapps. |
Einrichtung |
1 Großr. 1. Kl., 1 Großr. 2. Kl., 1 WC |
2 Großr. 2. Kl., 1 Funktionsr., 1 Dienstabt., 1 WC |
2 Großr. 2. Kl. |
Abbildungen:
ET/X31K:
Werbefolierungen:
X32K:
Zum Verbleib der einzelnen Triebzüge s. Fahrzeugliste
Quellen:
Bombardier Transportation: https://bombardier.com
Christensen, Lars Bjarke (2023): Jernbanernes udvikling i Danmark 1997-2022. Jernbanehistorie 2021-2022: 23-180.
Järnväg.net: www.jarnvag.net
Jonsen, Erik B. (1999): Øresundtoget - den nye rejseoplevelse i Øresundsregionen. Jernbanen 6/99: 18-19.
Knudsen, Benny (2016): IC3. Smørum: Bane Bøger.
VR Sverige: www.vrsverige.com
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