Die Anfänge des Lokomotivbaus in Nagbøl bei Lunderskov sind nicht
eindeutig zu klären, da erst ab 1954 schriftliche Quellen in nennenswertem Umfang
verfügbar sind. Alles begann mit einer Schmiede, die Erik Møller um 1900
übernahm und hier Geräte für Land- und Torfwirtschaft
fertigte. Ab den 1930er Jahren vertrieb "Erik Møller og
Sønner" auch Motoren zum Antrieb von Dreschmaschinen,
Mahlwerken etc., wobei es sich um instandgesetzte Kfz-Motoren
handelte, die aus abgestellten Fordfahrzeugen vom Typ T gewonnen
wurden. Spätestens während der Deutschen Besatzung
Dänemarks 1940-45 wurden solche Motoren auch in kleine Loks für
Lorenbahnen eingebaut, wofür rund 300 alte Ford-Pkw aufgekauft
wurden. Die größte Nachfrage nach Loks dieser Art kam aus
dem sich schlagartig entwickelnden Torfabbau, mit dem die rationierte
Kohle als Heizmittel ersetzt wurde. In zeitgenössischen Anzeigen
offerierte das Unternehmen vollständige maschinelle
Ausstattungen zur Produktion von Torfbriketts. 1943 übernahm
Sohn Karl den Betrieb und firmierte nun als "Karl Møllers
Maskinfabrik, Nagbøl", kurz "Nagbøl Danmark".
Nach dem Ende der Besatzungszeit sank die Nachfrage nach Kleinloks deutlich
und so verlagerte sich das Hauptgeschäft auf die Produktion von Naben
und Felgen für Nutzfahrzeuge sowie auf die Fertigung von
Straßenwalzen. Die ehemalige Dorfschmiede hatte sich endgültig
zu einem industriellen Arbeitgeber gewandelt. Der Lokbau wurde bis
1962 fortgesetzt, wobei ein Großteil der Fahrzeuge nach Indien
und in den fernen Osten exportiert wurde. Insgesamt entstanden rund
600 Kleinlokomotiven, die sich allerdings nicht als sonderlich
haltbar erwiesen. Karl Møller leitete den Betrieb, bis er
schließlich 1973 an die britische "GKN Plc."
verkaufte. Ab 1979 firmierte das Unternehmen als "GKN Wheels
Nagbøl A/S" und produziert Felgen für Nutzfahrzeuge.
2020 wurde die GKN-Gruppe von der "Aurelius Equity Opportunities SE & Co. KGaA"
aufgekauft und inkl. dem Standort Nagbøl ab 2021 unter dem Namen
"Moveero" weiter entwickelt.
Nagbøl Schmalspur:
Bei den Nagbøl-Kleinlokomotiven handelte es sich um zweiachsige
Schmalpurloks für verschiedene Spurweiten mit endständigem
Führerstand. Als Antrieb dienten Vergasermotoren, später
wurden Fordson-Dieselmotoren verwendet. Die Transmission erfolgte
mechanisch über ein Ford Lkw-Getriebe und ein nachgeschaltetes
Wendegetriebe, die beiden Achsen wurden mittels Rollenketten
angetrieben. Als Bremsen wurden handbediente Trommelbremsen
verwendet. Firmenprospekte aus den 1950er Jahren zeigten ein
Standardprogramm, bestehend aus 8 verschiedenen Kleinloktypen mit
mechanischer Kraftübertragung. Die Typenbezeichnungen lauteten
"KMN" mit einer Gewichtsangabe von 2,5 bis 12,0 t.
Angeboten wurden Fordson Dieselmotoren mit 3, 4 und 6 Zylindern sowie
einer Leistung zwischen 32 PS und 110 PS. Es bestand die Wahl
zwischen Ausführungen ohne, mit offenem und mit geschlossenem
Führerhaus. Der Werbetext betonte die einfache Bedienbarkeit und
die hohe Zuverlässigkeit - im Übrigen würde sich jeder
Vorarbeiter im Lande mit den verwendeten Motoren auskennen...
Nagbøl Regelspur:
Nagbøl fertigte lediglich 6 regelspurige Kleinloks, die alle an dänische
Betreiber gingen. Jedes Exemplar blieb ein Unikat, allen gemein war
ein relativ geringer Raddurchmesser und ein enger Achsstand. Folgende
Loks wurden ausgeliefert:
Nagbøl-Nr. -:
Die "Andelsselkabet Vestjyllands Mergelforsyning" (VM)
erwarb die erste regelspurige Nagbøl-Lok (Werknummer und
Baujahr unklar), die 1954 an die "Lemvigbanen" (VLTJ)
zunächst verliehen und 1956 von dieser als VLTJ M 16 erworben
wurde. Die Lok wurde 1966 ausrangiert und im Folgejahr verschrottet.
Nagbøl-Nr. 573:
Die Konservendosenfabrik "Haustrups Fabrikker" in
Odense erwarb 1957 eine Nagbøl-Lok, die 1972 an das
Verwertungsunternehmen "H. I. Hansen" in Odense verkauft wurde.
Nagbøl-Nr. 5923:
"De danske Sukkerfabrikker" erwarben 1959 eine
Nagbøl-Lok für die "Sukkerkogeriet Odense".
Nagbøl-Nr. 6008:
"De danske Sukkerfabrikker" erwarben 1960 eine Nagbøl-Lok für die
"Sakskøbing Sukkerfabrik". Die Lok wurde 1991/92 verschrottet.
Nagbøl-Nr. 6102:
"Frederiksværkbanen" (HFHJ) erwarben 1961 eine
Nagbøl-Lok als
HFHJ T 4. Die Lok
wurde mit Verschiebeaufgaben in Hundested eingesetzt und 1981 verschrottet.
Nagbøl-Nr. 6103:
"De danske Sukkerfabrikker" erwarben 1961 eine Nagbøl-Lok für die
"Gørlev Sukkerfabrik" als
DdS GS T 2.
Die Lok wurde 2005 an die MHVJ übertragen und dort 2015 verschrottet.
Quellen:
Andersen, Torben (1999): Motormateriel hos Hillerød-Frederiksværk-Hundested
Banen (HFHJ). Lokomotivet 57: 33-40.
GKN Wheels Nagbøl A/S: www.gkn-wheels.dk (offline)
Hjorth, Svend: "Sindal Lokomotivfabrik": www.fonnesbech-hjorth.dk (offline)
Lyngesen, Steffen & Nielsen, Claus (1997): Hedelands veteranbane materielfortegnelse.
Hedehusene: Industribaneklubben.
Moveero Inc.: www.moveero.com
Poulsen, John (2019): Motor Materiel 9 - Ragertraktorer. Smørum: bane bøger.
Skanderup Sogns historie: http://skanderupsognshistorie.dk
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