Der britische Ingenieur Christopher Cockerell konzipierte Ende der 1950er Jahre ein
Fahrzeug, das mittels eines selbst erzeugten Luftkissens über dem Untergrund schwebte.
Das Fahrzeug war somit von der Beschaffenheit des Untergrundes unabhängig und hatte
bei der Fortbewegung weniger Reibung zu überwinden. Für diese neuartigen Vehikel wurde
der Begriff "Hovercraft" (Schwebefahrzeug) geprägt. Die weitere Entwicklung
übernahm die "Saunders-Roe Ltd." (ab 1966 "British Hovercraft Corporation"),
die mit dem Modell "SR.N6" ("Winchester class") 1965 das erste
kommerziell nutzbare Muster vorstellte. Die SR.N6 bot 38, später 58 Sitzplätze und
wurde von einer Rolls-Royce "Gnome"-Gasturbine angetrieben, die das
Luftkissen erzeugte und die Luftschraube für den Vortrieb antrieb. 1967 folgte
die wesentlich größere "SR.N4" ("Mountbatten class") für den
kombinierten Transport von Personen und Kfz über den Ärmelkanal. Insgesamt 6 SR.N4
bedienten 1968-2000 die Route Dover-Calais, als Antrieb dienten 4 Rolls-Royce
"Proteus" Turboprops. Mit der Ölkrise 1973 und der Energiekrise 1979
wurde der hohe Kraftstoffverbrauch der Gasturbinen zunehmend problematisch, weitere
Kritikpunkte an den Hovercrafts waren die hohe Lärmemission sowie die erheblichen
Wartungskosten. Man entschloß sich daher zu einer Neukonstruktion kommerziellen
Dieselmotoren für den Antrieb und präsentierte 1983 das Modell "AP1-88".
Die Fahrzeuge boten je nach Einrichtung bis zu 101 Sitzplätze und waren bis 2028
in Gebrauch. Letztendlich blieben die Hovercrafts aber ein Nischenprodukt mit begrenzten
Einsatzmöglichkeiten und hohen Betriebskosten. Als wohl letzter Anbieter betrieb
"Hovertravel" eine planmäßige Hovercraftverbindung zwischen Portsmouth
und der Isle of Wight (Stand 2025). Neben den zivilen Ausführungen gab es verschiedene
militärische Hovercrafts, die vorwiegend für Landungsoperationen ausgelegt waren.
Hovercrafteinsätze in Dänemark
Scanhover Århus-Kalundborg
Die norwegische "Scandinavian Hovercraft Promotion Ltd. a/s" (Scanhover)
hielt in Skandinavien das exklusive Recht zur Vermarktung von Luftkissenfahrzeugen
der "British Hovercraft Corporation". 1965 wurden 2 Fahrzeuge des Typs
"SR. N6" beschafft, die als "Sea Hawk" und "Sea Eagle"
die Vorzüge der Luftkissentechnik für den Passagierverkehr in Skandinavien
demonstrieren sollten. Vorführungen und ein erster Liniendienst erfolgten
zunächst auf lokalen Routen um das norwegische Ålesund. Anfang Oktober 1965
wurden beide Fahrzeuge ins Kattegat verlegt für einen Probebetrieb auf der
dänischen Verbindung Århus-Kalundborg. Scanhover stand dabei für den Betrieb,
während die DSB den Ticketvertrieb übernahm. Bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit
von 55 kn (102 km/h) dauerte die Überfahrt ca. 70 Minuten und zusammen mit passenden
Bahnanschlüssen wäre eine Reisezeit für Århus-Kopenhagen von rund 3 Stunden
realisierbar gewesen (das liegt in vergleichbarer Größenordnung wie die heute
benötigte Zeit mit dem Pkw). Im täglichen Betrieb zeigten sich bald die Nachteile
des neuen Verkehrmittels: Ab der Windstärke 5 und einer Wellenhöhe von 1,5 m mußte
der Betrieb eingestellt werden und auch Fahrten über Eis erwiesen sich als
problematisch wegen des Verschleißes an den Gummischürzen. Passagiere bemängelten
die engen Platzverhältnisse, fehlende WCs und Erfrischungsangebote sowie die hohe
Lärmbelastung. Im Übrigen bot die Aussicht während der Überfahrt nicht viel mehr
als Gischt. Beide Fahrzeuge verließen Dänemark im Frühjahr 1966 und absolvierten
noch einige Vorführfahrten im Bottnischen Meerbusen vor Schweden. Da es zu keinen
Verkäufen kam, retournierte Scanhover die Fahrzeuge 1966 an die British
Hovercraft Corporation, wo SR.N6 009 "Sea Hawk" bis 1988 betrieben wurde
und im "Southampton Museum of Aviation" erhalten blieb. Erst mit dem
SAS-Shuttle Kastrup-Malmö kamen Luftkissenfahrzeuge 1984 in Dänemark planmäßig zum Einsatz.
British Hovercraft Corporation SR.N6 |
Länge |
14,80 m |
Antrieb, Leistung |
1 x Rolls-Royce-Gasturbine Typ Gnome, 900 PS |
Reise- / Höchstgeschwindigkeit |
35 kn (65 km/h) / 52 kn (96 km/h) |
max. Betriebsgewicht |
10,9 t |
Anzahl Sitzplätze |
58 |
SAS-Transfer Kastrup-Malmö
1984 eröffnete die "Dampskibsselskabet Øresund" (DSØ) im Auftrag
der
Scandinavian Airline System SAS eine Hovercraftverbindung zwischen
Kastrup und einem eigens im Hafen von Malmö angelegten Terminal. Hier konnten die Fluggäste
einchecken und ihr Gepäck aufgeben, das an Deck der Hovercrafts in Wechselbehältern
mitgeführt wurde. Die Reisezeit betrug 35-40 Minuten auf der Strecke von 14 Nautischen
Meilen, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h entsprach. In beide
Richtungen wurden täglich 10 Fahrten angeboten, sofern die Wellenhöhe unter
2,5 m blieb. Zunächst wurden zwei Fahrzeuge vom Typ AP1-88/100 bei der
"British Hovercraft Corp." (BHC) als "Liv Viking" und
"Freja Viking" beschafft. 1989 wurde "Idun Viking" ergänzt, um
einen ausfallsicheren Betrieb zu gewährleisten. Die DSB übernahm die Finanzierung
der Fahrzeuge, die verschiedenen Kunden angeboten wurden, letztendlich blieb aber
SAS der einzige Betreiber in Dänemark. Die Schwebefahrzeuge wurden 1994 durch
Katamaranfähren abgelöst (s.u.).
British Hovercraft Corp., AP1-88/100 |
Länge |
24,50 m |
Antrieb, Leistung |
4 x Deutz BF12L 513FC 12 Zylinder Diesel, 386 kW bei 2.300 U/min (Spitzenlast) |
Geschwindigkeit |
50 kn (93 km/h) |
max. Betriebsgewicht |
44,82 t |
Anzahl Sitzplätze |
81 |
Quellen:
Hovertravel Ltd Company: www.hovertravel.co.uk
Poulsen, John, Flindt Larsen, Morten & Christiansen, Asger (2010): 1960: Mellem landsdele
via Hurtigruten. Jernbanehistorisk ċrbog '10: 44-54. Smørum: bane bøger.
The Hovercraft Museum: www.hovercraft-museum.org
Timoleon, Tim (2002): Scandinavian Airlines System: The hovering years.
Classic Fast Ferries 1/2004: 9-18, www.classicfastferries.com
Trier, Hans (1984): Luftpudesejlads over Øresund. DSBbladet 5/84: 17.